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Israel-Konflikt eskaliert: Droht ein neuer Gaza-Krieg?

Die Ermordung dreier israelischer Teenager und der gewaltsame Tod eines arabischen Jugendlichen haben den Konflikt in der Region verschärft.  Kommt es nun zu einem erneuten Krieg?

In Jerusalem ist die Situation am kritischsten. Seit der Beerdigung der drei durch palästinensische Terroristen entführten und ermordeten jüdischen Jugendlichen wird die heilige Stadt von Gewalttaten erschüttert. Zuerst gab es am Dienstagabend Ausschreitungen israelischer Rechtsextremer gegen Palästinenser. Dann am frühen Mittwochmorgen die Entführung und brutale Ermordung eines palästinensischen Jugendlichen durch noch unbekannte Täter. Und seither heftige Zusammenstöße im israelisch besetzten Teil der Stadt. Palästinensische Demonstranten werfen mit Steinen und Molotowcocktails, die israelische Polizei reagiert mit Gummigeschossen, auf beiden Seiten gibt es Verletzte.

Auch in Hebron brodelt es, die Situation kann jederzeit außer Kontrolle geraten. Israels Armee und Geheimdienst haben in der geteilten Stadt im südlichen Westjordanland seit der Beerdigung der jüdischen Jugendlichen weitere 42 mutmaßliche palästinensische Extremisten festgenommen, davon 40 Aktivisten der islamistischen Hamas. Im Gebiet nordwestlich der Stadt, wo die drei Leichen gefunden wurden und wo sich die beiden aus Hebron stammenden mutmaßlichen Entführer und Mörder noch immer versteckt halten sollen, suchen hunderte Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter nach ihnen.

Gaza-Stadt fürchtet einen Großangriff Israels als Vergeltung nicht nur für die Entführung und Ermordung, sondern auch für die steigende Zahl der Raketenangriffe seitens der Palästinenser. Die gesamte politische Führung der im Gazastreifen herrschenden Hamas ist untergetaucht – aus Angst vor „gezielten Tötungen“. Aber Israels Regierung schweigt. Erstmals seit Jahren ist aus dem Sicherheitskabinett nicht das geringste Detail über die Dienstagnacht gefassten operativen Beschlüsse zu erfahren. Immerhin wurde bekannt, dass es zu Beginn der Krisenberatungen am Vorabend zu heftigen Wortwechseln zwischen verschiedenen Ministern kam, insbesondere dem ultranationalistischen Wirtschaftsminister Naftali Bennett und der liberalen Justizministerin Zippi Livni. Premier Benjamin Netanjahu steht zwischen den Fronten, doch aus Rücksicht auf seine Likud-Parteifreunde neigt er eher zu Bennetts rigorosen Forderungen.

Die „wahre zionistische Antwort“ auf die Entführung und Ermordung sollte laut Bennet aus massivem Ausbau bestehender Siedlungen, vielen neuen Bauplänen und sogar der Errichtung einer Siedlung am Fundort der drei Leichen bestehen. Das alles trotz der Verpflichtung gegenüber den USA, keinerlei neue Siedlungen mehr zu errichten. Ganz so heftig wird es vermutlich nicht kommen, zu erwarten ist Siedlungsbau in beschränktem Ausmaß. Netanjahu will keine allzu große Kritik der internationalen Gemeinschaft auf sich ziehen, nachdem diese sich im Fall der drei Religionsschüler einhellig und erstmalig seit langer Zeit auf die Seite Israels gestellt hatte. Auch der UN-Sicherheitsrat verurteilte das Verbrechen.

Die Sicherheitskräfte werden wohl den Befehl erhalten, weiterhin unerbittlich gegen alle Hamas-Aktivisten im Westjordanland vorzugehen, sie ausnahmslos festzunehmen oder auch zu erschießen, wie in bisher 15 Fällen geschehen (nach Palästinenserangaben). Diejenigen führenden Islamisten, denen keine Terroraktivitäten nachgewiesen werden kann, sollen in Administrativhaft genommen und in den Gazastreifen ausgewiesen werden.

Ein von Außenminister Avigdor Lieberman und Wirtschaftsminister Naftali Bennett geforderter Einmarsch in den Gazastreifen wird dagegen vom Militär bisher strikt abgelehnt. Ein im Ausland befürchteter erneuter Gazakrieg findet also wohl nicht statt – zumindest noch nicht.

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