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Gereizte Stimmung: Barack Obama (l.) und Benjamin Netanjahu halten wenig voneinander.

© Jason Reed/Reuters

Atomverhandlungen: Israel spioniert Gespräche zwischen USA und Iran aus

Israel hat offenbar die Iran-Gespräche der USA ausspioniert. In Washington wächst der Unmut über Benjamin Netanjahu. Die politischen Beziehungen haben einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Wenn US-Außenminister John Kerry am Donnerstag in Lausanne seinen iranischen Amtskollegen Dschawad Sarif zum Gespräch trifft, dann muss er mit einem rechnen: Israel sitzt mit am Tisch. Das aber macht die Gespräche über eine Begrenzung des iranischen Atomprogramms nicht eben einfacher. Denn in Israel ist Premier Benjamin Netanjahu gerade erneut mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Jener Netanjahu, der ein mögliches Abkommen mit schrillen Worten bekämpft. Auch in den USA. Bald wird sich zeigen, welche Seite den politischen Sieg davonträgt.

Sechs Tage bleiben noch für die Verhandlungen mit Teheran. Dann läuft die Frist aus, die sich das Verhandlungsteam – bestehend aus den fünf UN-Vetomächten und Deutschland – gesetzt hat. Bis Dienstag muss ein Entwurf für die angestrebte Vereinbarung ausgehandelt sein. Und je näher der Termin rückt, desto schlechter werden die Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem.

Jerusalem soll sich in Acht nehmen

Denn Israel, der enge Verbündete Amerikas, spioniert offenbar die Annäherung zwischen Washington und Teheran schon seit der Aufnahme der geheimen Gesprächen im Jahr 2012 aus. Das berichtet das „Wall Street Journal“. Woher die USA das wissen? Sie überwachen Israel.

Dass das „Wall Street Journal“ gerade jetzt die Ausspähung publik macht, zeigt vor allem eines: wie entnervt das Weiße Haus und das State Department vom Intrigenspiel Israels sind. Die Informationen stammen direkt aus der US-Regierung. „Die Leute fühlen sich verkauft“, zitiert die Zeitung einen hohen US-Regierungsmitarbeiter. Israel solle sich in Acht nehmen. Diese Leute könnten auch noch da sein, wenn Obama abgetreten ist.

Offiziell weist Israel die Vorwürfe zurück. Doch ungeachtet dessen, wie Jerusalem an die geheimen Informationen gelangte – die Spionage ist wohl Teil einer Kampagne: Die USA behaupten, Israel habe geheime Informationen aus den Verhandlungen – verkürzt – an US-Parlamentarier weitergereicht. Netanjahus Ziel ist es anscheinend, den US-Kongress gegen ein Abkommen zu mobilisieren, wie es sich derzeit abzeichnet. Ob allerdings der Kongress befugt wäre, ein internationales Abkommen, das der Präsident vereinbart, zu revidieren, ist umstritten.

Diplomatischer Affront

Doch auch Netanjahus Rede vor dem US-Kongress war darauf ausgerichtet, Obama zu schwächen. Auf Einladung des Republikanerchefs John Boehner hatte Israels Premier mit starken Worten vor dem Iran gewarnt. Es scheint jedoch, dass diese Aktion nach hinten losging. Sein Besuch ohne Abstimmung mit dem Weißen Haus war ein Verstoß gegen das Protokoll.

Obama hat dies in seiner Entschlossenheit, ein Abkommen mit Teheran zu schließen, nur noch bestärkt. Und selbst bei mit Israel eng verbundenen Demokraten wächst der Unmut. Netanjahus Unterstellung, man verharmlose die Bedrohung Israels, diese „Beleidigung“ mache sie „traurig“, sagte die Minderheitenchefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi.

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