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Italien: Berlusconi will noch mehr Macht

Selten hatten Regionalwahlen in Italien eine solche Bedeutung. Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat den Urnengang am Sonntag und Montag, zu dem vier Fünftel der italienischen Wahlberechtigten aufgerufen sind, zu einer Art Volksabstimmung umgeformt, die tiefgreifende Verfassungsänderungen zur Folge haben könnte.

Nach einem Wahlsieg will Berlusconi in Italien ein Präsidialsystem nach amerikanischem Muster einführen, um mit einer Stärkung des Premierministers das Land erst „regierungsfähig“ zu machen. Zeit dafür hätte Berlusconi: Bis zur Parlamentswahl 2013 muss er sich den Bürgern nicht mehr stellen. Es gehe unter anderem darum, sagte Berlusconi, das Land vor einer Richterschaft zu schützen, die mit ihren Ermittlungen, ihren „Attacken gegen den vom Volk gewählten Ministerpräsidenten die demokratische Ordnung bedroht“.

Nach fünf Jahren neu bestimmt werden „Länderparlamente“ und Gouverneure in 13 von 20 Regionen; darunter sind die vier bevölkerungs– und wirtschaftsstärksten Zonen des Landes: Mailand und die Lombardei, Rom und Latium, Turin und Piemont, Venedig und sein Festland.

Bei den Regionalwahlen 2005 hatte Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition nur zwei von 13 Regionen gewonnen. Diesmal rechnet sie sich einen Sieg in vier bis fünf Regionen aus. Als sichere Bank gelten die Lombardei und Venetien. Der Ausgang im Piemont, in Latium und Kampanien – wo Berlusconi sich zugutehält, nach Jahren der „linken, untätigen Herrschaft“ wenigstens den Müll von den Straßen geräumt zu haben – ist ungewiss.

Die Mitte-Links-Opposition, die – nach einer politischen Flurbereinigung für die Parlamentswahl 2008 – nun wieder als Ansammlung zahlreicher Mittel- und Kleinparteien antritt, kann im „roten Zentrum“ Italiens mit einem Sieg rechnen: in der Toskana, in Umbrien, in der Emilia Romagna beispielsweise. Ob sie an der Stiefelspitze, in Kalabrien, an der Macht bleibt, hängt auch davon ab, welchen Kandidaten die regionale Mafia ’Ndrangheta diesmal ihre Stimmen zuschaufelt.

Die Wahlkampagne stand weniger im Zeichen inhaltlicher Debatten als vielmehr im Banne des Listen-Durcheinanders, das Berlusconis „Volk der Freiheit“ (PDL) verursacht hatte: Wegen zweifelhafter Unterstützer-Unterschriften und verspäteter Abgabe waren die Listen der PDL im Piemont und in Latium ausgeschlossen worden. Im Piemont hat Berlusconis Partei auf formalem Wege – in der Sache nicht rehabilitiert – die Zulassung am Ende erhalten, in Rom und Provinz darf sie nicht antreten. Dort versucht die PDL nun, die Mehrheit über die persönliche Liste seiner Spitzenkandidatin Renata Polverini zu erreichen.

Zu einer Abstimmung über Berlusconi werden die Regionalwahlen auch deshalb, weil der 73-Jährige in seiner eigenen Partei unter Druck ist. Tiefgreifende Richtungsdebatten mahnt vor allem Gianfranco Fini an. Der 58-jährige Präsident des Abgeordnetenhauses hatte vor einem Jahr seine rechtsnationale Alleanza Nazionale mit Berlusconis Forza Italia zum „Volk der Freiheit“ fusioniert. Seither lässt Fini aber kaum eine Gelegenheit aus, gegen Berlusconis Alleinherrschaft in der Partei zu polemisieren und ihn zum „Respekt der Gesetze und der Institutionen des Rechtsstaates“ aufzurufen.

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