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Italien: Fehlstart für Prodi

Am Vormittag traf sich Romano Prodi mit seinen engsten Vertrauten. Es ging um die neue Regierung, um Posten, die zu verteilen waren. Noch war die Welt für das Prodi-Lager in Ordnung. Der Schock kam dann kurz nach halb drei.

Rom - Normalerweise sitzen die römischen Abgeordneten und Senatoren um diese Zeit beim Mittagsessen in den Restaurants der Altstadt. Diesmal war alles anders, nervös und fahrig stand Prodi in der Cafébar des Abgeordnetenhauses, verfolgte im Fernsehen das Drama, das sich im Senat abspielte. Was da geschah, war genau das, was nach der Strategie der Prodi-Allianz niemals stattfinden durfte: Gleich die erste Kraftprobe mit dem Lager des scheidenden Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ging gründlich daneben.

Auf magere 157 Stimmen kam der Prodi-Mann Franco Marini beim ersten Urnengang für den Senatspräsidenten, fünf Stimmen weniger als die absolute Mehrheit. Das Berlusconi-Lager brach in Jubel aus. «Das zeigt die wirkliche politische Kräfteverhältnis, das Land ist politisch in zwei Hälften gespalten, Prodi muss diese Realität anerkennen», dozierte ein Berlusconi-Sprecher. Ganz gleich wie die nächsten Wahlgänge ausgehen, die Schlappe im ersten Wahlgang für die Mannschaft Prodis ist ein «böses Zeichen» für das Mitte-Links- Bündnis. «Jede Abstimmung über jedes Gesetz wird künftig zur Zitterpartie werden», wie ein römischer Kommentator meinte.

Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Giulio Andreotti, die Symbolfigur der vor über zehn Jahren gestürzten «Schmiergeldrepublik», bringt Prodi in die Bredouille. Den Rücken tief gebeugt schreitet der 87-Jährige im Senatspalast zur Wahlurne. Kein anderer Politiker in Europa ist so hoch gestiegen, hat sich so lange gehalten in den Sphären der Macht - und ist dann so tief gefallen wie Andreotti. Jahrzehnte lang bestimmte er die Politik, dann stand der Mann, der noch heute regelmäßig zur Frühmesse geht, wegen Mordverdacht und Verstrickungen mit der Mafia vor Gericht. Nun erlebte er eine stille Genugtuung für erlittene Schmach: Andreotti ist wieder da, er spielt wieder mit im Machtpoker.

Gleich nach der Parlamentswahl vor drei Wochen hatte Berlusconi ein Angebot gemacht, das einen deutschen Namen trägt. «Große Koalition» nennen das die Berlusconi-Leute. Berlusconis Kalkül: Mit nur zwei Stimmen ist Prodis Mehrheit im Senat hauchdünn. Damit könne man zwar in Ländern wie Deutschland regieren, in Italien ist das weitaus schwieriger. Kühl lehnte Prodi das Angebot ab.

Berlusconi hat seine Strategie klar angekündigt: «Total-Opposition». Jeden nur erdenklichen Knüppel werde man Prodi zwischen die Beine werfen, bestenfalls zu einer «Fußnote» solle eine Regierung Prodi werden. Das ist eine klare Strategie, fragt sich, was Prodi dem entgegenzusetzen hat. Am Freitag begann das «Unternehmen» Prodi erst einmal mit einem Fehlstart. (Von Peer Meinert, dpa)

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