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Politik: Italien: Ohne Bleiberecht

Bis Anfang der 90er Jahre wäre es in Italien keiner Partei in den Sinn gekommen, vor Wahlen anzuzeigen, wer danach Ministerpräsident werden sollte. Im Gegenteil, das Spannende war - für Politiker wie Wähler -, wie die Parteien sich den Kuchen teilen würden und wer dies am besten überwachen könnte: der wurde dann Regierungschef.

Bis Anfang der 90er Jahre wäre es in Italien keiner Partei in den Sinn gekommen, vor Wahlen anzuzeigen, wer danach Ministerpräsident werden sollte. Im Gegenteil, das Spannende war - für Politiker wie Wähler -, wie die Parteien sich den Kuchen teilen würden und wer dies am besten überwachen könnte: der wurde dann Regierungschef. Gab es Mehrheitsverschiebungen - etwa durch Regionalwahlen oder Umfragen - löste man eine Regierungskrise aus, die dann oft mit einer Rochade der Minister oder auch einem neuen Ministerpräsidenten beendet wurde. Gleichgültig, ob der bisherige gute Arbeit getan hatte oder nicht. Das Volk ließ es sich gefallen: Neuwahlen - auf nationaler, regionaler oder lokaler Basis - wurde als Stärkemessen der verschiedenen Klientel verstanden: je mehr Prozente meine Partei hat, umso besser kann mir mein Wahlkreisabgeordneter, Bürgermeister oder Dezernent Posten und Gelder zuschanzen. Doch dann gab es schlichtweg nichts mehr zu verteilen Die eingesessene Nomenklatur wurde, teilweise mithilfe von Korruptionsermittlungen, zum Teufel gejagt. Der Erste, der mit der klaren Aussage "Ich kandidiere, um die Regierung zu führen" antrat, war 1994 Silvio Berlusconi - und er gewann. Doch seine Hoffnung, mit Hilfe der "Investitur durch das Volk" das Bleiberecht im Amt erworben zu haben, trog - sieben Monate später wurde er gestürzt. Genauso ging es dem Mitte-Links-Champion Romano Prodi. Die Wahl des Kandidaten Francesco Rutelli könnte sich daher als eine, wenn auch schöne, Luftnummer herausstellen.

rai

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