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Berluskaiser, wie seine Gegner Italiens Premier Silvio Berlusconi spöttisch nennen, strahlt immer seltener: Seine Mitte-Rechts-Koalition bröselt längst, und die EU will ihn schärfer denn je beobachten.

© dpa

Nach dem EU-Gipfel: Italien steht weiterhin unter Beobachtung

Der EU-Gipfel, mit Wichtigerem beschäftigt, gibt sich mit Berlusconis Reformversicherungen überraschend schnell zufrieden.

Wenn die „Großen“ der EU, wenn Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy gemeint haben sollten, sie könnten Silvio Berlusconi mit politischem Druck aus dem Amt hebeln, so haben sie sich offenbar verrechnet. Italiens Regierungschef scheint aus dem Brüsseler Nachtgipfel geradezu gestärkt hervorzugehen. Jedenfalls verkündete er persönlich in der prominentesten Talkshow seines Staatsfernsehens: „Die Euro-Gruppe hat unsere Maßnahmen gutgeheißen und sie als wirksam gegen die Krise bezeichnet. Ich bleibe in der Regierung bis 2013.“

Erst am Ende der Nacht hat Silvio Berlusconi dann doch noch zugegeben, dass einige der übrigen europäischen Staaten ihm nicht so ganz trauten: Die Staats- und Regierungschefs verlangen von Italien „dringend einen präzisen Zeitplan“ zur Verwirklichung der bereits versprochenen Reformen – und sie setzen die EU-Kommission als Wächterin ein: Brüssel soll Italiens Maßnahmen „detailliert bewerten und die Umsetzung beobachten“. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte zum Abschluss der Verhandlungen gesagt: „Der europäische Gipfel begrüßt die von Italien eingegangenen Verpflichtungen.“ Die bei dem Treffen vorgestellten „ehrgeizigen Maßnahmen“ müssten nun aber auch umgesetzt werden.

Berlusconis 15-Seiten-Brief hatte einerseits vieles enthalten, was bereits beschlossen ist, andererseits Ankündigungen, die keinen Kabinettsbeschluss zur Grundlage haben. Oder er versprach, was er nicht halten kann: zum Beispiel fünf Milliarden Euro aus dem Verkauf öffentlicher Liegenschaften. Das entscheiden meist Kommunen und Regionen.

Die Unternehmer, so verspricht Berlusconi, sollen Anreize bekommen zum Einstellen neuer Arbeitskräfte (Frauen und Jugendliche zuerst); dafür will Rom unter anderem den überaus strengen italienischen Kündigungsschutz lockern. Das will die Regierung aber schon seit zehn Jahren; bisher hat sie sich im Kampf mit den Gewerkschaften daran die Zähne ausgebissen. Und die Regierung ist heute noch durchsetzungsschwächer als früher. Berlusconis Ankündigung, er wolle die Staatsschulden reduzieren, kommt einer Verhöhnung der Euro-Partner gleich. „Bis Ende des Jahres“ will Rom eine „Kommission namhafter Persönlichkeiten“ einsetzen, die einen „organischen Plan“ zum Schuldenabbau entwerfen soll. Dies allerdings wäre genuine Aufgabe der Regierung und nicht einer Kommission, die neben Regierung und Parlament agiert, also abseits der Entscheidungszentren.

Was ihm die womöglich voreilige Rückendeckung aus Brüssel in Rom nützt, wird Berlusconi bald erfahren. Will er die versprochenen Zeitpläne einhalten, dann muss er demnächst eine Maßnahme nach der anderen durchs Parlament jagen. Dies bei einem Koalitionspartner, der jeden Tag über die Scheidung nachdenkt, und bei einer Opposition, die – ganz anders als diesen Mittwoch in Deutschland – von sich aus rein gar nichts tut, um diesem Regierungschef die Hand zu reichen.

Eine diplomatische Ohrfeige bekam Berlusconi am Donnerstag zudem aus Berlin. Im italienischen Fernsehen hatte er behauptet: „Merkel ist zu mir gekommen, um sich für Sonntag zu entschuldigen.“ Auf einer Pressekonferenz hatten die Kanzlerin und Frankreichs Präsident Sarkozy sich vielsagend angelächelt, als sie nach dem Treffen mit Berlusconi gefragt wurden. Das hatte in Italien erhebliche Aufregung produziert. Es habe keine Entschuldigung der Kanzlerin gegeben, „weil es keinen Grund für eine Entschuldigung gab“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert in einer auf Englisch verfassten Mitteilung über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. (mit AFP)

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