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Italiens Opposition: Nah am Sumpf

Verlorene Wahlen, Bestechungsskandale und interner Streit: Für die italienische Opposition reicht es nicht mehr, nur gegen Berlusconi zu sein.

Bisher gab es in Italien klare Fronten: Silvio Berlusconi, das war der Böse, der sich um Gesetze wenig kümmert; die linke Opposition, das waren die Guten, Sauberen. Doch das ist Vergangenheit. In der Demokratischen Partei (PD), der größten Kraft der italienischen Opposition, geht die Panik um. Nicht nur, dass man die Landtagswahl und damit die Macht in den Abruzzen vergangene Woche mit einem Absturz um 16 Prozentpunkte verloren hat – nein, noch am selben Abend wurde der Regionalvorsitzende der PD unter dem Verdacht der Korruption verhaftet. Das war für die Partei von Walter Veltroni umso misslicher, als bereits die Wahlen aufgrund eines solchen Delikts notwendig geworden waren: Im Juli hatte die Staatsanwaltschaft den Präsidenten der Region festgesetzt wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Auch dieser Politiker gehört zur Partei Veltronis. Inzwischen jagt ein Bestechungsvorwurf den nächsten – und die Linke fragt sich: „Haben sich jetzt alle gegen uns verschworen?“

In Florenz ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die linke Stadtregierung wegen möglicher Kungeleien mit einem großen Baukonzern. Auch auf den Erdöl feldern der süditalienischen Basilikata sollen Bestechungsgelder geflossen sein; ein demokratischer Abgeordneter sitzt in Untersuchungshaft. Dem nicht genug: In Neapel hat die Polizei am Mittwoch zwei Stadträte der Demokraten verhaftet. Auch hier ging es um die Vergabe öffentlicher Aufträge. Daneben sind in Neapel weitere PD-Politiker in Verruf geraten, unter anderem Regionalpräsident Antonio Bassolino wegen notorischer Klientelwirtschaft und der jahrelang katastrophal vernachlässigten Müllproblematik. Aber sowohl Bassolino als auch die in der Führung der chaotischen Stadt Neapel überforderte Bürgermeisterin Rosa Russo Jervolino weigern sich zurückzutreten. Für Parteichef Veltroni sind sie ein Klotz am Bein.

Veltroni, in seinen sieben Jahren als Bürgermeister von Rom der beliebteste Kommunalpolitiker Italiens, hatte nach dem Scheitern der Mitte-links-Regierung von Romano Prodi im Frühjahr versucht, die gemäßigte Linke in der neuen Demokratischen Partei zu vereinen. Bei der Parlamentswahl im April allerdings ging die PD gegen Berlusconi mit fliegenden Fahnen unter. Seither herrscht Katzenjammer bei den Demokraten. Bis in den Oktober hinein war von Veltroni nichts mehr zu sehen, sein „Schattenkabinett“, mit dem er Berlusconi Paroli bieten und „konstruktive Oppositionspolitik“ treiben wollte, blieb ein Papiertiger. Ebenso wenig gelang es Veltroni, der PD Richtung oder Kontur zu geben. Fest steht, dass Konkurrenten wie Francesco Rutelli und Massimo D’Alema ihre eigenen Süppchen kochten. Früher wurde die Linke durch eine entschiedene Anti-Berlusconi-Haltung zusammengekittet, doch Veltroni löste dieses Bindungsmittel auf, indem er sich jedem politischen „Anti“-Kurs verweigerte. Davon profitierte der frühere Staatsanwalt Antonio Di Pietro, der ein Wahlbündnis mit der PD geschlossen hat und sich heute als der einzig wahre Oppositionelle darstellt. Dem Regierungschef wirft Di Pietro „Politik nach Zuhälterart“ und „faschistoide“ Tendenzen vor. Das sind Töne, die in der PD auf Befremden stoßen, beim Volk aber gut ankommen: In den Abruzzen konnte Di Pietros Partei Italien der Werte ihren Stimmenanteil von 2,4 auf 15 Prozent vervielfachen.

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