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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble.

© dpa

IWF fordert Schuldenschnitt: Merkels Kurs treibt Griechenland in den Abgrund

Ein Schuldenschnitt für Athen ist unvermeidlich. Das meint auch der IWF. Die Kanzlerin aber will den Schnitt vermeiden und gleichzeitig den IWF an Bord behalten. Beides zusammen geht nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Harald Schumann

Selten war ein Crash so vorhersehbar wie der Börsensturz in Athen an diesem Montag. Fünf Wochen lang war der Aktienhandel ausgesetzt, weil die Beschränkung der Bargeldausgabe und des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs große Teile der griechischen Wirtschaft blockiert. Weil sich daran noch immer nichts geändert hat, ist es nur logisch, dass selbst die Börsenwerte gesunder, exportstarker Unternehmen abstürzen.

Merkels und Schäubles unhaltbarer Kurs

Die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen der Regierung und den Kreditgebern über die Sanierung der griechischen Staatskasse sollte eigentlich helfen, diesen Ausnahmezustand zu beenden. Tatsächlich geschieht jedoch das Gegenteil. Obwohl die griechische Regierung sich den Forderungen der anderen Regierungen der Eurozone vollständig unterworfen hat, ist noch immer offen, ob in Griechenland auch künftig in Euro bezahlt wird oder nicht.

Schuld daran ist vor allem die Bundesregierung. Denn Kanzlerin Merkel und ihr Finanzminister Schäuble verfolgen einen einen unhaltbaren Kurs. Einerseits fordern sie, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) sich erneut an dem geplanten neuen Kreditpaket von etwa 86 Milliarden Euro beteiligen soll. Das sei unverzichtbar, betonen sie ein ums andere Mal. Andererseits aber weigern sie sich, der griechischen Seite irgendeine Art der Anpassung der Staatsschulden an die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Landes anzubieten.

Ohne ein solches Angebot, also den Erlass von etwa der Hälfte der von den Eurostaaten vergebenen Kredite oder aber ein auf Jahrzehnte angelegtes Moratorium für den Schuldendienst, wird der IWF aber keinen weiteren Kredit an Griechenland vergeben. Angesichts einer untragbaren Schuldenlast von dann wohl 200 Prozent der Wirtschaftsleistung verbieten das die internen Regeln des Fonds. Und anders als 2010 werden die IWF-Direktoren sich dieses Mal daran halten. Das hat Fonds-Chefin Christine Lagarde unmissverständlich klargestellt, schon weil sie sonst einen Aufstand all der Mitgliedsländer riskiert, die nicht Teil der Eurozone sind.

Will Deutschland doch den "Grexit"?

Das heißt, die Bundesregierung muss entweder ihre Forderung nach einer IWF-Beteiligung aufgeben oder aber eine substanzielle Senkung der Schuldenlast anbieten. Wenn sie beides nicht tut und an ihrer widersprüchlichen Position festhält, dann führt das die in Athen laufenden Verhandlungen von vornherein ad absurdum und verschärft unablässig die Unsicherheit für die griechische Wirtschaft.

Diese offenkundig destruktive Haltung nährt den Verdacht, dass Finanzminister Schäuble, gedeckt von der Kanzlerin, noch immer dasselbe Ziel verfolgt wie vor dem jüngsten Showdown im Brüsseler Rat: Den Ausschluss Griechenlands aus der Währungsunion.

Der Kurs auf einen „Grexit“ durch Verelendung ist allerdings das Gegenteil dessen, was Europas Regierungschefs beschlossen haben. Insofern sollten die übrigen Euroregenten, allen voran Frankreichs Präsident Hollande und sein italienischer Kollege Renzi, den Warnschuss an der Athener Börse zum Anlass nehmen, ihre deutschen Partner zur Raison zu rufen.

Ohne Schuldenschnitt ist Griechenland nicht zu stabilisieren. Wenn diese Einsicht auch in Paris und Rom laut und verbindlich akzeptiert wird, kommen vielleicht auch die Hardliner in Berlin zur Besinnung.

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