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Asiatisches Drama. Tausende Angehörige der Rohingya treiben auf den Meeren und suchen Aufnahme. Aber die Nachbarn wollen sie nicht haben.

© Christophe Archambault/AFP

Japan: Flucht vor dem Flüchtlingsproblem - ein Staat kauft sich frei

Auch in der Pazifikregion hoffen Tausende Flüchtlinge auf Unterschlupf. Doch gerade das reiche Japan will kaum jemanden aufnehmen – und verteidigt seinen Ruf als Festung. Dabei braucht das Land dringend Arbeitskräfte.

Auch im Pazifik hoffen tausende Flüchtlinge auf Unterschlupf. Als reicher Flächenstaat wäre Japan in der Lage, Menschen aufzunehmen. Aber das Land verteidigt seinen Ruf als Festung.

Die Statistik zeigt das. Rund 1,6 Millionen Flüchtlinge kamen zuletzt aus Syrien in die Türkei, 191 000 Menschen sind im vergangenen Jahr nach Europa geflohen. Japan hat im Jahr 2014 elf Flüchtlinge akzeptiert, so viel wie eine Fußballmannschaft. Im Jahr zuvor waren es nur sechs, die einreisen durften. Ein Rekordjahr markierte 2014 trotzdem. Mit rund 5000 Menschen erbaten so viele wie noch nie Asyl in Japan. Denn auch im Pazifischen Raum sind dieser Tage viele tausend Menschen auf der Flucht.

Rund 7000 Flüchtlinge der Volksgruppe der Rohingya treiben derzeit in Booten vor den Küsten Südostasiens. In Myanmar werden sie seit Jahren verfolgt und unterdrückt. Die muslimischen Rohingya sind in ihrer Heimat als Fremde angesehen und, so die Panikmache radikaler Buddhisten, aufgrund ihrer höheren Geburtenraten würden sie irgendwann die Mehrheit in ihrer Region stellen. Auch in Bangladesch leben Angehörige der Rohingya, und auch von dort flüchten viele Menschen. Wegen der Religionszugehörigkeit der Rohingya kommen als Empfängerländer zunächst die muslimischen Nationen Malaysia und Indonesien infrage.

Die Bevölkerung altert und schrumpft

Allerdings wollen die beiden Länder, die selbst mit Armut kämpfen, die Flüchtlinge zunächst nur für ein Jahr aufnehmen. In Malaysia und Indonesien droht man, insbesondere die Flüchtlinge aus Bangladesch danach in ihr Land zurückzuschicken. So wird sich die Staatengemeinschaft einigen müssen. Und die offensichtlichen Kandidaten, zumindest mittelfristig Menschen in Not aufzunehmen, wären jene Länder, die sowohl mit Fläche als auch Wohlstand gesegnet sind.

In Asien fällt einem da vor allem Japan ein. Einerseits ist das Land seit Jahrzehnten eine gereifte Volkswirtschaft, wurde einst zum ersten asiatischen Industriestaat und gilt in den meisten entwicklungspolitischen Fragen als Vorbild für alle anderen asiatischen Länder. Zudem kann Japan ein paar neue Einwohner eigentlich gut gebrauchen. Die Geburtenrate ist schon lange so gering, dass die Bevölkerung altert und schrumpft wie in keinem anderen entwickelten Land. Es mangelt akut an Fachkräften in Pflege, Landwirtschaft und technischen Berufen. Trotzdem nimmt kein Land relativ weniger Fremde auf als Japan.

Warum? In Flüchtlingsfragen ist das Argument der öffentlichen Verwaltung meist, dass es Bewerbern an den nötigen Dokumenten zum Nachweis der Verfolgung mangele. Als Unterzeichnerstaat der Genfer Konvention von 1951 ist Japan, wie alle anderen Partnerländer auch, zwar dazu verpflichtet, Flüchtlingen Asyl zu gestatten. Was den Nachweis der Verfolgung wegen Ethnizität, Nationalität, Sexualität, politischer Einstellung oder Religion angeht, schenken die meisten Staaten Bewerbern mehr Vertrauen, als es die Japaner tun. Seit das Land 1982 ein System für die Aufnahme von Flüchtlingen eingeführt hat, haben nur gut 600 Menschen den Asylstatus erhalten. Im Durchschnitt bewilligen Staaten 30 Prozent der Asylanträge. Japans Bürokratie nimmt 0,1 Prozent an.

Ausländer haben in Japan generell einen schweren Stand

Ausländer haben in Japan generell einen schweren Stand, für größer angelegte Immigration macht sich keine Partei im Parlament stark, weil die Idee auch in der Bevölkerung kaum Rückhalt hat. So scheint sich Japans Politik von der Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen, lieber freizukaufen. Für die internationale Entwicklungszusammenarbeit zählen japanisches Know-how wie auch Geld zu den weltweit wichtigsten Quellen und die Beiträge, die Japan an die UN-Flüchtlingskommission zahlt, haben über die Jahre zugenommen. Mit 181 Millionen US-Dollar hat das Land hinter den USA und Großbritannien 2014 am drittmeisten aller Geber beigesteuert. Diese Ausgaben dienen international auch zur Rechtfertigung, dass es Flüchtlinge fast nie nach Japan schaffen.

Dabei beteuert Premierminister Shinzo Abe, sein Land gegenüber der Welt öffnen zu wollen. Bislang leben kaum zwei Prozent Ausländer im Land, durch eine neue gezielte Immigrationspolitik sollen Fachkräfte einwandern, im Gegenzug junge Japaner Erfahrungen im Ausland sammeln. Schließlich dürfe man den Anschluss an die globalisierte Welt nicht verlieren, wie Abe selbst immer wieder sagt.

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