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Politik: Jenseits von Frieden

Neue Massaker in Kongo – bricht der Krieg wieder aus? Ruandas Armee steht schon an der Grenze

Von W. Drechsler, Kapstadt,

und C. Link, Nairobi

Schlechte Nachrichten aus Kongo sind in den letzten Jahren beinahe zur Regel geworden. Dennoch übertreffen die jüngst aus dem Land gedrungenen Berichte noch viele der Hiobsbotschaften aus der Vergangenheit: Ausgerechnet an dem Tag, an dem Vertreter des zentralafrikanischen Landes einen Friedensvertrag unterzeichneten und damit eine Übergangsregierung einsetzten, sind nach Berichten einer UN-Beobachterkommission rund 1000 Angehörige des Hema-Stammes im Osten des Kongo bei einem Massaker getötet worden. Obwohl zurzeit noch unklar ist, wer genau hinter dieser Gräueltat steckt, war das Massaker offenbar minutiös geplant: Für etwa drei Stunden, so berichten Augenzeugen, seien die Pfarrei Drodro sowie weitere 14 Dörfer in der Provinz Ituri, nahe der Grenze zu Uganda, angegriffen worden. Als Täter werden Milizen der Lendu-Volksgruppe vermutet. Einige der Angreifer sollen Uniformen getragen und Kilendu (die Sprache der Lendu) gesprochen haben, andere, so heißt es, hätten Zivilkleidung angehabt und eine andere Sprache gesprochen.

Bereits jetzt hat das Massaker einen Flüchtlingsstrom in die nahe gelegene Stadt Bunia in Gang gesetzt. Erst vor zwei Wochen waren ganz in der Nähe des Ortes rund 500 Menschen getötet worden. Dabei soll es sich um Lendu handeln; als mutmaßliche Täter werden in diesem Fall die Hema genannt. Seit Jahren kommt es zu immer neuen Massakern zwischen den beiden Volksgruppen, ohne dass die Afrikanische Union eingeschritten wäre. Auch haben die UN bislang keine Friedenstruppen in der Region stationiert, obwohl seit zwei Jahren darüber debattiert wird. Gegenwärtig gibt es im Nordosten Kongos nur eine kleine UN-Beobachterkommission, die sich bei Ausbruch von Kämpfen jedoch schnell zurückzieht.

In der an Bodenschätzen reichen Provinz Ituri sind fünf bewaffnete Milizengruppen, die verfeindeten Ethnien der Lendu und der Hema sowie die ugandische Armee die Akteure im wieder entflammten Bürgerkrieg. In vier Jahren sind hier 50 000 Menschen getötet worden, eine halbe Million sind auf der Flucht, schätzt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Rund 2,5 Millionen Menschen, so das International Rescue Commitee in einer Hochrechnung, sind an Kriegsfolgen gestorben. Eine wichtige Rolle in dem Konflikt spielen Uganda und Ruanda, die seit Jahren verfeindet sind und im Osten und Norden Kongos verschiedene Rebellengruppen unterstützen. Von Ituri aus könnte sich der Krieg wieder auf den gesamten Kongo ausbreiten. Ruanda hat bereits Drohungen ausgesprochen. Rund 20 000 ruandische Soldaten stehen offenbar an der Grenze bereit. Ruandas Präsident Kagame könnte jederzeit den Befehl zum Einmarsch geben.

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