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Ein kleiner Käfer macht der Deutschen Bahn zu schaffen. Für Stuttgart 21 dürfen zunächst keine Bäume mehr gefällt werden.

© dpa

Umstrittenes Bahnprojekt: Juchtenkäfer bremst Stuttgart 21

Weil dort seltene Tiere leben, darf die Deutsche Bahn zunächst keine Bäume mehr für das Projekt Stuttgart 21 fällen. Nun muss ein Plan zum Schutz von Juchtenkäfern und Fledermäusen her.

Die Deutsche Bahn darf unter Androhung eines Zwangsgeldes auf dem Gelände für das Projekt Stuttgart 21 vorerst keine Bäume mehr fällen, weil dort seltene Tiere leben. Das Eisenbahnbundesamt (EBA) untersagte nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa das weitere Abholzen.

Die Behörde verfügte, dass das Fällen von Bäumen im Mittleren Schlossgarten einzustellen sei; zunächst müsse die DB Projektbau einen Plan zum Schutz von Juchtenkäfern und Fledermäusen vorlegen. Bei einer Zuwiderhandlung ist ein Zwangsgeld in Höhe von 250.000 Euro angedroht.

Das in Bonn ansässige EBA hatte bereits vor dem Fällen der ersten 25 Bäume am vergangenen Donnerstag naturschutzrechtliche Zweifel angemeldet.

Gutachten: Volksentscheid zu Stuttgart 21 möglich

Nach einem Gutachten des Bundestags wäre eine landesweite Volksabstimmung über das Projekt Stuttgart 21 doch zulässig. "Ein einseitiger Ausstieg von Seiten des Landes Baden-Württemberg aus dem Projekt "Stuttgart 21" verstieße nicht gegen bundesrechtliche Bindungen", heißt es in der Expertise des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, die der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag vorlag.

Zwar habe sich das Land per Vertrag zur Realisierung des Vorhabens verpflichtet. "Sollten aber ein Festhalten an dem Vorhaben den Frieden in der Region nachhaltig stören und das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und seine Institutionen bleibend beschädigen, könnte eine Kündigung des Vertrages (...) in Betracht kommen." Ein Gesetz zum Ausstieg aus dem Projekt, könne auch durch Volksabstimmung beschlossen werden, heißt es in dem Gutachten, das der baden-württembergische SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Friedrich in Auftrag gegeben hatte.

Damit widerspricht der Rechtsexperte des Bundestags dem Gutachten des Verfassungsjuristen Paul Kirchhof. Dieser hatte am Dienstag erklärt, für den Bau von Bahnstrecken sei der Bund und nicht das Land zuständig. Kirchhof hatte im Auftrag von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) untersucht, ob der Vorstoß der oppositionellen SPD für ein Plebiszit zulässig ist.

Geißler: Stuttgart-21-Gespräche ohne Vorbedingungen

Der frühere CDU-Politiker Heiner Geißler hat unterdessen als Vermittler im Streit um Stuttgart 21 eine Friedenspflicht ins Gespräch gebracht. In einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" vom Donnerstag blieb aber offen, was Geißler von einem Baustopp hält, den die Grünen zur Bedingung gemacht haben. "Die Gespräche müssen ohne Vorbedingungen geführt werden", sagte Geißler. Das bedeute, "dass wirklich ganz offen verhandelt wird". Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann bekräftigte, wenn die baden-württembergische Landesregierung am Weiterbau festhalte, "dann wird Herr Geißler nichts zu schlichen haben".

Der 80-jährige Heiner Geißler war von Ministerpräsident Mappus als Vermittler im Streit um den Milliardenbau eingeschaltet worden, der seit Wochen die Demonstranten in Stuttgart auf die Straße bringt. Die Lage war in der vorigen Woche in Zusammenstößen von Polizei und Gegnern des Projektes eskaliert. Es gab weit über hundert Verletzte.

Angesichts der Protestwelle und der drohenden Niederlage bei der im März 2011 anstehenden Landtagswahl ist die Regierung bemüht, die Schärfe aus der Auseinandersetzung zu nehmen. "Es geht jetzt zunächst um ein einvernehmliches Verfahren", sagte Geißler. Er genießt auch bei den Grünen Ansehen, die das Bahnhofsprojekt seit jeher kritisch sehen und nun in Umfragen so zugelegt haben, dass sie in einer grün-roten Landesregierung ihren ersten Ministerpräsidenten stellen könnten.

Die Grünen hätten beantragt, dass er schlichten solle, sagte Geißler, und Mappus habe sich dem angeschlossen. Bei jeder Schlichtung gebe es eine Frist, innerhalb der die Verhandlungen abgeschlossen werden müssen. "Solange geredet wird, gibt es eine Friedenspflicht", fügte er hinzu. Diese bedeute im Arbeitsrecht, dass jede Seite "auf jegliche Kampfmaßnahmen" verzichten müsse.

Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Hermann, forderte im Norddeutschen Rundfunk einen Stopp der Bauarbeiten und der Auftragsvergabe: "Gespräche machen nur dann einen Sinn, wenn nicht gleichzeitig weitergebaut wird, wenn nicht gleichzeitig Verträge weiter vergeben werden, um das Projekt immer schwerer umkehrbar zu machen", sagte der Grünen-Politiker. (dpa/rtr)

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