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Jugendkriminalität: Breite Front gegen Verschärfung des Jugendstrafrechts

Nach dem brutalen Überfall auf einen Rentner in der Münchner U-Bahn fordert die Union härtere Strafen für jugendliche Gewalttäter - und ist damit ziemlich einsam. Hessens Ministerpräsident Roland Koch prangert indes "multi-kulturelle Verblendung" an.

"Wir haben zu viele kriminelle junge Ausländer", sagte Koch der "Bild"-Zeitung. Zugleich machte der CDU-Politiker eine seiner Ansicht nach verfehlte Integrationspolitik mitverantwortlich für Gewaltausbrüche jugendlicher Ausländer. "Bis vor kurzem wurden in multi-kultureller Verblendung Verhaltensweisen toleriert, die inzwischen zu hoch explosiven Gruppen-Aggressionen führen können", sagte Koch. "Null Toleranz gegen Gewalt" müsse ganz früh beginnen und Bestandteil der Integrationspolitik sein. "Wir müssen Schluss machen mit bestimmten Lebenslügen. Die deutsche Position in der Integrationspolitik war lange leider nicht klar genug", sagte der hessische Regierungschef.

Unterdessen hat das Bundesjustizministerium Forderungen aus der Union nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts eine Absage erteilt. "Das geltende Jugendstrafrecht ist geeignet und ausreichend, um notwendige und angemessene Sanktionen gegen jugendliche Straftäter auszusprechen", sagte ein Ministeriumssprecher der "Berliner Zeitung". Er verwies darauf, dass beim Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund stehe. Die Debatte um Gesetzesänderungen war nach dem Angriff auf einen Rentner in einer Münchner U-Bahn-Station entbrannt.

"Härtere Strafen bekämpfen die Symptome, nicht die Ursachen"

Die Opposition lehnte die Unions-Forderungen ebenfalls ab. "Höhere Strafen bringen nichts. Wir haben alle rechtlich nötigen Instrumente", sagte der FDP-Innenpolitiker Max Stadler der Zeitung. "Mit solchen populären Forderungen werden lediglich die Symptome bekämpft, nicht aber die Ursachen", begründete Stadler seine Haltung. Er sprach sich stattdessen dafür aus, gefährdete oder kriminelle Jugendliche früher aufzufangen. "Das ist zwar eine aufwändige Aufgabe, aber lohnenswert", betonte der FDP-Politiker. Gefragt seien das Elternhaus, die Behörden, die Schule sowie die Kommunen, die dafür Geld bereit stellen müssten. Auch die Justiz müsse dafür sorgen, dass straffällig gewordenen Jugendlichen schnell der Prozess gemacht werde.

Der Grünen-Politiker Volker Beck nannte die Unionsforderungen reflexhaft. Er verwies darauf, dass Richter bei reifen Tätern zwischen 18 und 21 Jahren bereits jetzt das Erwachsenenstrafrecht anwenden. "Die populistische Forderung der Union zielt somit ins Leere", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion.

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz lehnte eine Verschärfung des Strafrechts ebenfalls strikt ab. "Unser Strafrecht ist völlig ausreichend, um angemessen auf diese Brutalität reagieren zu können. Wir brauchen keine härteren Strafen. Die Justiz hat ein völlig ausreichendes Rüstzeug, um angemessen zu handeln", sagte Wiefelspütz der "Passauer Neuen Presse". Er habe großes Vertrauen in die deutsche Justiz, eine Verschärfung der Gesetze sei nicht notwendig.

Wiefelspütz betonte, dass die schnelle Aufklärung der Tat nur durch den Einsatz von Überwachungskameras möglich gewesen sei. Diese Technik sei in der Verbrechensbekämpfung unverzichtbar und sollte "überall dort eingesetzt werden, wo die Polizei dies empfiehlt", forderte der SPD-Politiker.

Im Münchner Fall werde genau zu prüfen sein, ob "ausländerrechtliche Maßnahmen notwendig und geboten" seien. Die Bürger rief Wiefelspütz zu Zivilcourage auf. "Niemand darf wegschauen. Jeder kann zumindest die Polizei benachrichtigen", sagte Wiefelspütz. (hx/dpa/ddp)

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