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Jugendpolitik: Richter entziehen öfter Sorgerecht

Immer mehr Eltern wird das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen. Von 2006 auf 2007 stieg die Zahl der Sorgerechtsentzüge um 12,5 Prozent, im Vergleich zu 2005 betrug der Anstieg sogar knapp 23 Prozent.

Das berichtete das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden. Allein im vergangenen Jahr haben die Gerichte in Deutschland in rund 10 800 Fällen „den vollständigen oder teilweisen Entzug der elterlichen Sorge“ angeordnet. Die Jugendämter hatten die Gerichte 12 800 Mal um diesen Schritt gebeten. In Berlin ist die Zahl dagegen gesunken.

Mehr als verdoppelt hat sich die Zahl der Sorgerechtsentzüge in Bremen, von 56 Fällen im Jahr 2006 auf 126 Fälle im Jahr 2007. Im Herbst war dort der zweijährige Kevin tot in einem Kühlschrank entdeckt worden. Erst am Mittwoch waren in der Hansestadt zwei Mädchen aus einer verwahrlosten Wohnung geholt worden; in dem Fall hatte ein Familiengericht allerdings 2007 noch gegen einen Sorgerechtsentzug entschieden. Nach Bremen folgen Niedersachsen mit einer Zunahme von 31 Prozent und Thüringen mit plus 30 Prozent. Dagegen nahm die Zahl der Sorgerechtsentzüge in Schleswig-Holstein um 18, in Berlin um 15 und in Sachsen-Anhalt um 14 Prozent ab. In Berlin ordneten die Familiengerichte im vergangenen Jahr in 333 Fällen Sorgerechtsentzüge an. Betroffen waren 170 Jungen und 163 Mädchen. Im Vorjahr wurde in 393 Fällen das Sorgerecht vollständig oder teilweise entzogen. Das entspricht einem Rückgang von 60 Fällen oder 15,2 Prozent. In Brandenburg wurde 2007 in 306 Fällen das Sorgerecht ganz oder teilweise von den Jugendämtern oder dritten Personen übernommen. Dies betraf 168 Jungen und 138 Mädchen. Im Jahr zuvor hatten Gerichte in 281 Fällen solche Maßnahmen angeordnet. Das bedeutet einen Anstieg von 25 Fällen oder 8,8 Prozent.

Die Berliner Jugendämter haben 2007 gegenüber dem Vorjahr zudem deutlich weniger Anzeigen zum vollständigen oder teilweisen Entzug der elterlichen Sorge bei den Gerichten gestellt. Sie sank von 531 auf 285. In Brandenburg nahm die Zahl der Anzeigen von 281 auf 565 zu.

Berliner Jugendpolitiker führen den Rückgang unter anderem auf das breite Spektrum an Präventionsmaßnahmen zurück: „In Berlin gibt es ein großes Unterstützungsangebot“, sagte Sandra Scheeres (SPD), jugendpolitische Sprecherin im Berliner Abgeordnetenhaus. „Die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste sind gute Vorwarner“, sagte Rainer-Maria Fritsch (Linke), Jugendstadtrat des Bezirks Mitte. ddp/rni

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