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Der designierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will Berlin bei seinen künftigen Personalplanungen nicht düpieren.

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Gerangel um EU-Spitzenposten: Juncker vermittelt zwischen Merkel und Hollande

Der designierte EU-Kommissionschef Juncker traf sich in Berlin mit Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble, um den Streit um die künftigen EU-Spitzenämter zu entschärfen. Aber das Tauziehen um den künftigen EU-Währungskommissar zwischen Berlin und Paris geht weiter.

Vor dem EU-Sondergipfel am Samstag in Brüssel gibt es Streit um die Besetzung der künftigen europäischen Spitzenposten. Während Frankreichs Staatschef François Hollande gerne den früheren Finanzminister Pierre Moscovici zum Wirtschafts- und Währungskommissar machen möchte, hält die Bundesregierung dies für ein falsches Signal an die Finanzmärkte. Am Mittwoch sprach der designierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) über die künftigen Brüsseler Spitzenämter.

Italienerin Mogherini könnte EU-Außenbeauftragte werden

Wie es aus Diplomatenkreisen in Brüssel hieß, zeichnet sich in einer anderen Personalfrage indes eine Lösung ab. Juncker sei „offen für die Möglichkeit“, die italienische Außenministerin Federica Mogherini zur Nachfolgerin der gegenwärtigen EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton zu machen.
Die Regelung der Nachfolge der Britin Ashton steht im Mittelpunkt des Treffens der Staats- und Regierungschefs der EU am Samstag, welches Juncker, Merkel und Schäuble bei ihren Gesprächen in Berlin vorbereiteten. Zuletzt hatten die Staatenlenker Mitte Juli erfolglos versucht, eine einvernehmliche Lösung über die Ashton-Nachfolge zu finden. Als Hindernis für eine Einigung galt damals die Tatsache, dass es bei der personellen Zusammensetzung der künftigen EU-Kommission – der auch die Ashton-Nachfolgerin angehört – zu viele Unbekannte gab. Sprich: Zahlreiche Staatenlenker wollten zunächst wissen, welcher Posten für ihr Land in der EU-Kommission herausspringt, bevor sie sich in der Frage der Ashton-Nachfolge positionieren.

Oettinger zeigt sich offen für Handelsressort

Insgesamt 27 Ressorts hat Juncker in der neuen EU-Kommission zu vergeben. Das Verfahren ist kompliziert: Während die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten ihre Kandidaten für die künftige Kommission benennen, entscheidet Juncker über deren Portfolios. So scheint letztlich auch noch nicht geklärt, welches Ressort in Brüssel der gegenwärtige EU-Energiekommissar Günther Oettinger übernehmen wird. Oettinger zeigte sich am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“ offen für eine mögliche Übernahme des Handelsressorts, das derzeit von dem Belgier Karel De Gucht geleitet wird. Oettinger sagte, er könne sich eine Aufgabe im Bereich „Wirtschaft, Energie, Industrie, Handel, Binnenmarkt“ vorstellen.

Schäuble wünscht sich Aufwertung des Postens des Währungskommissars

Aus der Sicht der Bundesregierung hat der Posten des Wirtschafts- und Währungskommissars eine entscheidende Bedeutung in der Kommission. Schäuble hatte in der Vergangenheit mehrfach gefordert, das Ressort künftig aufzuwerten und mit ähnlichen Durchgriffsrechten wie im Fall des Wettbewerbskommissars auszustatten. Mit dem Wunsch des französischen Staatschefs Hollande, Moscovici zum Währungskommissar und damit zum Hüter über den Sparkurs in den einzelnen Ländern der Euro-Zone zu machen, passt die Sichtweise der Bundesregierung allerdings nicht zusammen: Zwar gibt es in Berlin keine persönlichen Einwände gegen Moscovici – das Verhältnis zwischen dem Franzosen und Schäuble gilt als gut –, aber nach Meinung der Bundesregierung würde die Glaubwürdigkeit der Euro-Zone insgesamt in Frage gestellt, wenn Paris Zugriff auf den Posten des Währungskommissars erhalten sollte. Frankreich kämpft derzeit mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und dürfte auch im kommenden Jahr kaum das verabredete Ziel erreichen, die Neuverschuldung unter die Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Moscovici erklärte wiederum am Mittwochabend in Athen, es könne in der Frage der Besetzung des Währungsressorts kein „Veto“ geben.
Während das Tauziehen zwischen Berlin und Paris um den künftigen Währungskommissar noch anhält, gilt die Italienerin Mogherini inzwischen als Favoritin für den Posten der EU-Außenbeauftragten. Nachdem vor dem letzten gescheiterten EU-Sondergipfel im Juli noch der Vorwurf laut geworden war, die 41-Jährige sei in der Außenpolitik zu unerfahren und obendrein zu Russland-freundlich, so hieß es in Diplomatenkreisen nun, Juncker sehe mit Mogherini auch die Chance auf eine Verjüngung der Kommission.

Polens Regierungschef Tusk gilt als Kandidat für Rompuy-Nachfolge

Angesichts der möglichen Berufung von Mogherini auf den Posten der Außenbeauftragten dürfte es allerdings für die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt schwierig werden, das Amt der EU-Ratschefin anzutreten, das nach dem Ende der Amtszeit von Herman Van Rompuy Ende November frei wird. Der Grund: Thorning-Schmidt, die zwischenzeitlich als Kandidatin für den Posten genannt worden war, kommt wie Mogherini aus dem Lager der Sozialdemokraten. In Brüssel hieß es nun, dass der konservative polnische Regierungschef Donald Tusk ein geeigneter Kandidat für die Nachfolge Van Rompuys sei.

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