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Politik: Junge Union warnt: Gesundheitspolitik ist verfassungswidrig

Vorsitzender Mißfelder sieht für Steuerfinanzierung der Kinderversicherung in Karlsruhe keine Chance

Berlin - Vor der Sitzung des Koalitionsausschusses hat der Bundesvorsitzende der Jungen Union (JU), Philipp Mißfelder, scharfe Kritik am gesundheitspolitischen Kurs der Bundesregierung geübt. Das Modell von Unionsfraktionchef Volker Kauder (CDU) zur Steuerfinanzierung der Gesundheitskosten von Kindern sei „mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“, sagte Mißfelder dem Tagesspiegel.

Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Pflegeurteil unmissverständlich klargestellt, dass Kinder in den deutschen Sozialversicherungssystemen nicht als versicherungsfremde Faktoren behandelt werden dürften, sagte Mißfelder. Daher werde „eine Abdeckung der Gesundheitskosten für Kinder über Steuern statt über direkte Beiträge in Karlsruhe keinen Bestand haben“. Im Übrigen würden die Familien durch eine Steuerfinanzierung in Wahrheit mehr belastet als bisher.

Der JU-Vorsitzende monierte, dass sich die Reformdebatte fast nur um Kosten und Mehreinnahmen drehe, nicht aber um langfristige Sicherung und bessere medizinische Leistungen für die Bürger. Daher seien das Unions-Konzept der Gesundheitsprämie wie das SPD-Konzept einer Bürgerversicherung verfehlt. Nötig seien nicht „neue Bürokratien und Umverteilungsbehörden“, sondern mehr Wettbewerb und Transparenz, so Mißfelder. „Allein schon durch die Abschaffung der vor allem Geld verschlingenden Megabürokratie der Kassenärztlichen Vereinigungen wäre viel gewonnen.“

Unterdessen berieten die Gesundheitsexperten der großen Koalition in Berlin über konkrete Schritte für die Gesundheitsreform. Die 16 Fachpolitiker unter Leitung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) rechneten aber noch nicht mit einer Einigung. „Wir sind noch nicht durch, was die Problemlösung anbelangt“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Annette Widmann-Mauz (CDU). Schmidt und Unionfraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) wollten den Spitzen der Koalition am Abend im Kanzleramt erste Ergebnisse präsentieren.

Bei den Themen Elterngeld und Reichensteuer blieben die Fronten vor dem Treffen verhärtet. Kanzlerin Angela Merkel versprach bei einer Tagung der Unions-Mittelstandsvereinigung in Königswinter, dass es keine Reichensteuer geben werde, die die Wirtschaft belaste. Auch die für 2007 geplante Kürzung der Pendlerpauschale und des Steuerfreibetrages standen auf der Tagesordnung.

Bei der Gesundheitsreform wandte sich der designierte SPD-Chef Kurt Beck gegen eingefrorene Arbeitgeberbeiträge. „Ich werde darum ringen, dass nicht eine Gruppe der Gesellschaft von den Belastungen abgekoppelt wird“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident in Bad Kreuznach. Merkel kündigte Belastungen durch die Reform an. Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) betonte: „Die Belastungen werden steigen.“

Die Gewerkschaften warnten die Regierung vor weiteren sozialen Einschnitten. DGB-Chef Michael Sommer sagte bei der zentralen DGB-Maikundgebung in Wolfsburg, er sehe „ein weiteres Zurückweichen vor Kapitalinteressen“. Die Gewerkschaften würden nicht widerstandslos zusehen, „wie das System der solidarischen Krankenversicherung Stück für Stück kaputtgemacht wird“. Kopfpauschale, höhere Zuzahlungen und die „Flucht der Arbeitgeber aus ihrer Verantwortung“ für die Finanzierung der Krankenversicherung seien der falsche Weg. Die Maifeiern standen unter dem Motto „Deine Würde ist unser Maß“. Nach DGB-Angaben nahmen bundesweit mehr als eine halbe Million Menschen daran teil. psi/Tsp

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