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Politik: Juristen wollenUnterhaltspflichteinschränken

Nur Eltern und Kinder sollen sich gegenseitig finanziell helfen müssen

Berlin. Der 64. Deutsche Juristentag hat am Freitag in Berlin angesichts verbesserter sozialer Sicherungssysteme Einschränkungen der Unterhalts- und Erbpflichten unter Verwandten empfohlen. Künftig sollen nach den Vorschlägen nur noch Eltern und Kinder für einander einstehen müssen. Die Experten sprachen sich dafür aus, in Erbfällen den so genannten Pflichtteil für Nachkommen zu verringern. Bislang gilt hier, dass selbst enterbten Kindern die Hälfte des gesetzlichen Erbes zusteht. Zudem soll es einfacher werden, Nachkommen zu enterben. Der Juristentag plädierte dafür, seelische Misshandlungen den körperlichen gleichzustellen, die im Gesetz bereits geregelt sind. Als weiterer Grund für den Erbverlust solle eine „gänzliche Zerrütung“ gelten, allerdings nur, wenn keine Nähe zwischen Erbe und Erblasser bestand und dies auch nicht auf das Verhalten des Erblassers zurückgeführt werden könne. Kindergeld soll nach dem Votum des Gremiums auch künftig unabhängig von Einkommen oder Vermögen gezahlt werden.

In der Abteilung Strafrecht haben die Juristen, wie berichtet, die Beibehaltung des Erziehungsgedankens bei der Bestrafung Jugendlicher verlangt und zugleich eine Ausdehnung des milderen Jugendrechts auf junge Erwachsene bis zu 21 Jahren gefordert. Außerdem soll es nach dem Willen des Gremiums Geschädigten oder Angehörigen künftig möglich sein, als Nebenkläger in einem Strafprozess aufzutreten. Dies war bislang aus Rücksicht auf die jugendlichen Täter nicht zugelassen.

Der Juristentag mit in diesem Jahr 2800 Teilnehmern aus Hochschulen, Verwaltung, Wirtschaft und Anwaltschaft ging am Freitag nach vier Tagen zu Ende. Der Kongress versteht sich als Ratgeber des Parlaments für künftige Gesetzesvorhaben und findet bereits seit 1860 regelmäßig statt.

Zum Abschluss diskutierten die Teilnehmer über die Notwendigkeit einer künftigen EU-Verfassung. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Meyer, für Deutschland im EU-Verfassungskonvent, nannte sie einen wichtigen Schritt für die verbindliche Gewährleistung von Grundrechten. Pedro Cruz-Villalon, ehemaliger Präsident des spanischen Verfassungsgerichtshofes, befürwortete zwar ein neues Rechtsfundament in Europa, allerdings auf Basis vertraglicher Zusicherungen. Jost Müller-Neuhof

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