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Justiz-Affäre: Zumwinkel-Anklägerin gibt auf

Die Juristin Margrit Lichtinghagen verlässt die Bochumer Staatsanwaltschaft – und zieht damit Konsequenzen aus internen Querelen

Deutschlands prominenteste Strafverfolgerin reicher Steuersünder gibt auf. Die Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen verlasse auf eigenen Wunsch zum Jahresende den staatsanwaltschaftlichen Dienst, teilte das nordrhein- westfälische Justizministerium am Dienstagabend in Düsseldorf mit. Die Anklägerin des früheren Postchefs Klaus Zumwinkel werde stattdessen eine Aufgabe an einem Amtsgericht übernehmen.

Lichtinghagen ziehe damit die Konsequenz aus den sie persönlich belastenden Querelen innerhalb der Bochumer Staatsanwaltschaft, hieß es. Als Anklage-Vertreterin im Prozess gegen Zumwinkel, der am 22. Januar beginnen soll, werde Lichtinghagen nicht mehr agieren. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe hätten sich unterdessen als nicht so gravierend erwiesen, dass sie „sofortige dienstrechtliche Maßnahmen“ rechtfertigten, hieß es. Die Prüfung der Vorwürfe werde dennoch fortgesetzt. Die Bochumer Staatsanwaltschaft hatte der 54-Jährigen wenige Wochen vor Beginn des Strafprozesses gegen Zumwinkel das Vertrauen entzogen und sie innerhalb der Behörde in die Jugendabteilung versetzen wollen.

Dagegen hatte sich die resolute Juristin gewehrt. Zunächst mit Erfolg, wie es schien: Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) wollte die Anklägerin samt dem Liechtenstein- Komplex nach Köln umsiedeln. Doch Lichtinghagens Vorgesetzte legten nach und warfen ihr nun Verfehlungen bei der Verteilung einkassierter Geldbußen an gemeinnützige Organisationen vor. Am Dienstag zog die Anklägerin die Reißleine in der teilweise öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht.

Die Opposition verlangt unterdessen Aufklärung im Landtag über die Justiz-Affäre. Landtagspräsidentin Regina van Dinther (CDU) habe die Vorgänge auf Antrag der SPD für Donnerstag auf die Tagesordnung gesetzt, teilte die SPD-Fraktion mit. Die Bochumer Staatsanwaltschaft trat Vorwürfen entgegen, der Behördenleiter selbst habe Einfluss auf die Vergabe von Geld an gemeinnützige Organisationen genommen. Der Leitende Oberstaatsanwalt habe Bittsteller an die zuständige Dezernentin verwiesen, sagte dessen Vertreter.

Medien hatten berichtet, der Leitende Oberstaatsanwalt habe sich für ein Projekt seines örtlichen Rotary-Clubs eingesetzt. Dabei sei es um eine Kirchenrenovierung gegangen. Die Behörde werde von Anfragen solcher Organisationen überhäuft, hieß es. Diese Anfragen würden in der zuständigen Abteilung gesammelt und über die Vergabe werde in einem mehrköpfigen Gremium entschieden. Die Ermittlungsbehörde kann Verfahren gegen Geldauflagen einstellen und das so einkassierte Geld an gemeinnützige Organisationen verteilen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wies Spekulationen zurück, er könne Einfluss auf die Verteilung der Geldbußen genommen haben. „Ich habe die Staatsanwältin weder je irgendwo getroffen noch irgendwo gesprochen“, sagte Rüttgers. Auch in der Staatskanzlei habe es keine entsprechenden Kontakte gegeben. Auch andere Kabinettsmitglieder hätten keinen Einfluss auf Zuweisungen der Justiz an die Wohlfahrt genommen. Dagegen bestätigte der stellvertretende Regierungschef und FDP- Landesparteichef Andreas Pinkwart Zeitungsberichte, wonach er im Juni an einem Gespräch seines Staatssekretärs mit Lichtinghagen teilgenommen habe. dpa

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