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Justiz: Asylbewerber können Schmerzensgeld behalten

Das Bundesverfassungsgericht hat eine gesetzliche Regelung für verfassunsgswidrig erklärt: Asylbewerber, die nach einem Unfall oder Ähnlichem Schmerzensgeld bekommen, können dies künftig für sich behalten.

Karlsruhe - Eine gegenteilige Gesetzesregelung ist verfassungswidrig, heißt es in einem aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Es gab damit einer Familie aus Bosnien-Herzegowina Recht, die nach einem Verkehrsunfall ein Schmerzensgeld von umgerechnet 12.800 Euro erhalten hatte. Dem Gesetzgeber gaben die Verfassungsrichter auf, das Gesetz bis Mitte 2007 zu ändern.

Nach dem 1993 in Kraft getretenen Asylbewerberleistungsgesetz müssen Asylbewerber ihr gesamtes Vermögen aufbrauchen, ehe sie Leistungen zum Lebensunterhalt bekommen. Das gilt auch für ein Schmerzensgeld. Bei anderen Empfängern von Sozialleistungen, etwa Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II, ist Schmerzensgeld ausdrücklich ausgenommen.

Schmerzensgeld nicht zur Existenzsicherung gedacht

Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Begründung betont, liege dies an einer Sonderstellung des Schmerzensgeldes. Während der Schadenersatz unmittelbar materielle Schäden abdecke, solle das Schmerzensgeld andauernde Erschwernisse und Nachteile ausgleichen und dem Opfer auch ein Stück weit Genugtuung verschaffen. Zur Existenzsicherung sei ein Schmerzensgeld generell nicht gedacht. Eine Benachteiligung der Asylbewerber sei vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Nach dem Karlsruher Beschluss muss der Gesetzgeber nun bis zum 30. Juni 2007 eine Neuregelung treffen. Andernfalls sollen die Gerichte dann bestehende Regelungen für die Sozialhilfe und andere Bereiche analog auch für Asylbewerber anwenden. Das Ziel des Gesetzgebers, möglichst keine wirtschaftlichen Anreize zur Einreise nach Deutschland zu geben, wird nach Überzeugung der Karlsruher Richter dadurch nicht unterlaufen. Denn ein Schmerzensgeld sei keine Geldquelle, die für Asylbewerber kalkulierbar sei.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, begrüßte den Karlsruher Beschluss. Es sei "ein Armutszeugnis für die Politik", dass die christliberale Bundesregierung dieses "Sonderrecht" 1993 eingeführt habe und danach auch "Rot-Grün nicht die Kraft fand, diese zynische Rechtslage zu überwinden", erklärte Beck. (tso/AFP)

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