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Ihm droht jetzt auch Strafverfolgung: Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

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Justiz: Ermittlungsverfahren geht weiter - Strafverfolgung möglich

Sehen die Staatsanwälte ein „öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung, kann es für Karl-Theodor zu Guttenberg eng werden.

Über das Szenario, das zum Rücktritt Karl-Theodor zu Guttenbergs (CSU) führte, wird viel spekuliert; möglich, dass ein juristisches Faktum den letzten Ausschlag gab. Ein Ermittlungsverfahren wurde angesichts des Plagiatsfalls unausweichlich. Der Minister hätte kurzfristig gewärtigen müssen, dass seine Abgeordnetenimmunität aufgehoben würde. Am Ende womöglich eine Verurteilung, die ins Führungszeugnis einzutragen wäre – wie hätte der Vorbestrafte im Amt das der Öffentlichkeit erklärt?

Ab diesem Montag wird die Staatsanwaltschaft Hof ihr Ermittlungsverfahren fortführen, der Vorwurf einer „nicht-gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzung“ steht im Raum, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe drohen. Entscheidend wird zunächst sein, ob die bayerischen Ankläger ein „besonderes öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung sehen. Falls nicht, wäre ein Strafantrag nötig, um die Tat zu verfolgen. Ein Strafantrag ist keine Anzeige, stellen dürfen ihn nur Geschädigte, also die Urheber der Werke, bei denen sich Guttenberg bedient hatte. Von ihnen hat sich aber noch keiner in Hof gemeldet, wie die Behörde Ende vergangener Woche mitteilte. Da es sich um renommierte Wissenschaftler und Journalisten handelt, möchte nun niemand derjenige sein, der dem Zurückgetretenen auch noch nachtritt. Ein einziger Antrag dürfte jedoch genügen, um die Behörde zur Untersuchung zu verpflichten.

Doch auch so müssten sich die Ankläger originelle Argumente einfallen lassen, ein „besonderes öffentliches Interesse“ zu verneinen. Nach den bundeseinheitlichen Richtlinien für Straf- und Bußgeldverfahren liegt es vor, wenn ein Täter einschlägig vorbestraft ist, erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist, der Verletzte in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist oder die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit der Verbraucher gefährdet ist. Aus dem Katalog wird deutlich, um Prominenz oder Medieninteresse geht es nicht. Ob durch Guttenbergs Plagiate ein „erheblicher Schaden“ eingetreten ist, müssen die Staatsanwälte entscheiden. Der Schaden ist am geschützten Rechtsgut zu messen. Gerade in der Wissenschaft wird geistiges Eigentum hochgehalten. Es könnte deshalb befremdlich wirken, den Schaden kleinzureden.

Auch könnten die Ermittlungen eingestellt werden, wenn die Schuld des Täters gering ist und – wiederum – „kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht“. In Strafverteidigerkreisen wird dies angesichts der bereits belegten kopierten Stellen für eher unwahrscheinlich gehalten. Wenn die „Schwere der Schuld nicht entgegensteht“, ist es auch denkbar, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen.

Staatsanwälte sind weisungsgebunden, Vorgesetzte bis hin zu Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hätten theoretisch die Möglichkeit, sich einzumischen. Dass sie davon Gebrauch machen, ist angesichts der politischen Implikationen unwahrscheinlich. Unter größeren Druck dürfte die Hofer Behörde der Fall des früheren nordrhein-westfälischen CDU-Politikers Andreas Kasper setzen, der für Schummelei bei seiner juristischen Dissertation den Titel aberkannt und einen Strafbefehl von 9000 Euro (90 Tagessätze) bekam – knapp unter der Vorstrafengrenze. Kasper hatte nach Auskunft der zuständigen Staatsanwaltschaft auf 50 Seiten faule Stellen und längstens zwei zusammenhängende Seiten kopiert. Guttenbergs Collage könnte ihn in den Schatten stellen.

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