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Justiz: Ex-Verfassungshüter für striktes Folterverbot

Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer hat sich gegen die Verwertung von Foltergeständnissen aus dem Ausland gewandt.

Karlsruhe - Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer hat sich gegen die Verwertung von Foltergeständnissen aus dem Ausland gewandt. „Vor vergifteten Beweismitteln dürfen wir nicht die Augen verschließen“, sagte er bei der Vorstellung des von neun Bürgerrechtsorganisationen herausgegebenen „Grundrechte-Reports 2009“ am Montag in Karlsruhe.

„Wenn es belastbare Anzeichen gibt, dass Zeugenaussagen in ausländischen Gefängnissen unter Folter erzwungen wurden, dann muss ihre Verwendung sowohl deutschen Behörden als auch Gerichten strikt verboten sein.“ Der Strafrechtsprofessor aus Frankfurt am Main stellte sich damit gegen Tendenzen, zur Bekämpfung des Terrorismus das Folterverbot aufzuweichen. Vize-Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum hatte im vergangenen Jahr gefordert, die Erkenntnisse aus ausländischen Foltergeständnissen im Einzelfall für weitere Ermittlungen zu verwenden – etwa, um einen bevorstehenden Anschlag abzuwenden. Vor Gericht dürfen solche Aussagen aus Sicht des Ermittlers allerdings nicht verwertet werden.

Hassemer plädiert dagegen für ein striktes Verbot – „wir würden sonst fremde Folterer unterstützen“. Das gebiete der Schutz der Menschenwürde. Zudem seien erzwungene Aussagen nicht verlässlich. Für die Praxis werde es allerdings schwierig sein, herauszufinden, ob die Erkenntnisse ausländischer Dienste durch Folter erlangt worden seien oder nicht.

Besorgt äußerte sich Hassemer über den wachsenden Stellenwert der inneren Sicherheit in der Rechtspolitik. Das gehe auf Kosten der Freiheit. Das immer wieder beschworene Grundrecht auf Sicherheit verglich er mit einem Geisterfahrer: „Dieses Grundrecht ist in der falschen Richtung unterwegs.“ Positive Signale sieht der einstige hessische Datenschutzbeauftragte dagegen beim „fast schon totgeglaubten“ Datenschutz: Die Bürger reagierten zunehmend sensibel auf Übergriffe.

Der Grundrechte-Report versteht sich als alternativer Verfassungsschutzbericht und zeigt Verletzungen und Bedrohungen der Grundrechte auf. Till Müller-Heidelberg, Ex-Chef der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union, kritisierte den abnehmenden Respekt der Politik vor dem Grundgesetz. Vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Befugnisse – wie etwa die Online-Durchsuchung – würden umgehend wieder in neue Gesetze aufgenommen. dpa

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