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Kabinett: Urlaub ist Urlaub – Münte spielt Merkel

Franz Müntefering vertritt die Kanzlerin im Kabinett. Die kurzzeitige Erhöhung in der Feriensitzung könnte als Akt der Koalitionsfreundlichkeit gedeutet werden.

Berlin - Der Vizekanzler ist ein korrekter Mann. Franz Müntefering hat auf dem Stuhl der Bundeskanzlerin im Kabinettssaal mit der leicht erhöhten Lehne Platz genommen, neben sich die Glocke, vor sich den roten Aktenordner mit der Tagesordnung. Vor ihm steht aber auch das Schild mit der Aufschrift „Vizekanzler“. Müntefering hat am Mittwoch urlaubshalber Angela Merkel vertreten; aber eben, und das ist damit klargestellt, nur vertreten.

Trotzdem provoziert der Vorgang anzügliche Nachfragen an den stellvertretenden Regierungssprecher Thomas Steg. Steg war bekanntlich schon Schröders Vizesprecher, was die Pikanterie erhöht. Er entledigt sich der Sache aber mit Grandezza. Nein, Müntefering sei nicht aufgeregt gewesen an seinem großen Tag. „Er fremdelt auch nicht“, versichert Steg, sondern habe seine Aufgabe in 62 Minuten so absolviert, „als ob er nie was anderes gemacht hätte“. Ob das heiße, dass der SPD-Mann Müntefering Kanzler könnte? „Auch das kann er“, antwortet Steg. Er lächelt dazu besonders harmlos.

Nicht verraten hat er, dass Münteferings kurzfristige Erhöhung durchaus als Akt der Koalitionsfreundlichkeit gedeutet werden kann. Um das zu verstehen, muss man wissen, dass die Feriensitzung des Kabinetts zu den lieb gewordenen Bräuchen in der Bundespolitik gehört, die Sommerferien aber auch. Damit beides zusammengeht, hat Kanzleramtsminister Thomas de Maizière schon vor der Sommerpause in der Ministerrunde rumgefragt, wer denn an diesem 8. August kommt. Das Kabinett ist nur beschlussfähig, wenn mindestens acht Minister leibhaftig da sind – Vertreter gelten nicht. Müntefering, Ulla Schmidt, Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel von der SPD, Michael Glos, Horst Seehofer, Franz Josef Jung und Annette Schavan von der Union sagten zu. Ein Telefonrundruf zwei Tage vorher stellte sicher, dass das auch keiner vergessen hat. Für alle Not- und Krankheitsfälle stand Heidemarie Wieczorek-Zeul auf Abruf.

Und die Kanzlerin? „Ihr guter Geist war zu jeder Sekunde spürbar“, versichert Steg. Der hat es aber auch nicht weit gehabt, der Geist. Angela Merkel ist nämlich wieder in Berlin. Im äußersten Notfall wäre sie sogar rübergekommen. Doch dann hätte Franz Müntefering die schönen Bilder in der „Tagesschau“ nicht bekommen. Und außerdem – Urlaub ist Urlaub, amtlich noch bis Mittwochmorgen. Frühestens am Montag will Merkel mal kurz in ihrem Büro vorbeischauen. bib

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