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Kabinett: Wieder Nullrunde für Rentner

Die Renten werden in diesem Jahr nicht gekürzt. Das Bundeskabinett billigte nach Angaben des Sozialministeriums einen entsprechenden Gesetzentwurf von Minister Franz Müntefering (SPD).

Berlin - Den knapp 20 Millionen Rentnern in Deutschland bleiben Kürzungen bei der Bruttorente in diesem Jahr zwar erspart, sie müssen sich aber auf die dritte Nullrunde in Folge einstellen. Ohne diese Regelung müssten die Rentner bei der sich abzeichnenden negativen Einkommensentwicklung 2005 mit einer Kürzung zur Jahresmitte rechnen, da die Entwicklung der Renten an die der Einkommen gekoppelt ist.

Münteferings Sprecher Stefan Giffeler wies darauf hin, dass die für die zum 1. Juli anstehende Rentenanpassung maßgebliche Lohnentwicklung des vergangenen Jahres erst Ende März feststehe. Mit dem Gesetzesentwurf greife man «allen möglichen Wahrscheinlichkeiten vor». Der Beschluss zur Vermeidung von Rentenkürzungen entspreche der Regierungsvorgabe, dass es bei den Altersbezügen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in dieser Legislaturperiode keine Abstriche geben werde.

Sollten die auf zwei Milliarden Euro taxierten Mehraufwendungen für die Rentenkassen nicht durch deren Einnahmen gedeckt sein, müsste der Betrag aus dem Bundeshaushalt gedeckt werden. Für diesen Fall stehe das Kabinett in der «Gesamtverantwortung», sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig.

Für das Sozialministerium ist das Gesetz gegen Rentenkürzungen «Teil eines ausgewogenen Maßnahmenpakets». Dazu gehören die Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge von 19,5 auf 19,9 Prozent von 2007 an bei gleichzeitigem Stopp der bisherigen Dynamik von Bundeszuschüssen an die Rentenversicherung, das Nachholen nicht vorgenommener Rentenkürzungen durch geringere Rentensteigerungen in der Zukunft nach 2010 sowie die Rente mit 67 ab 2029. Alles zusammen diene dem Ziel der Rentenniveau- und der Beitragssatzsicherung. So solle der Rentenbeitragssatz bis 2020 unter 20 Prozent und 2030 bei 23 Prozent liegen.

Die SPD-Fraktion wies darauf hin, dass das Gesetz über die bereits bestehende Renten-Schutzklausel hinausgeht: Rentenkürzungen seien bisher nur ausgeschlossen, wenn sich bei positiver - nicht bei negativer - Entwicklung der Einkommen wegen der Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel eine Minus-Runde ergäbe. Die FDP warf der Regierung «Effekthascherei statt echter Rentenreform» vor, die Grünen sprachen von Rentenpolitik «nach Gutsherrenart».

Forderungen nach Ausnahmeregelungen für besonders belastete Berufe bei der Rente mit 67 - wie sie zuletzt aus den Reihen der SPD laut wurden - erteilte Müntefering eine Absage: Dies sei nicht nötig und müsse individuell geregelt werden: «Das haben wir in einem ganz wichtigen Bereich schon getan, nämlich alle, die 45 Jahre einzahlen, werden auch in Zukunft mit 65 voll ihre Rente ohne Abschlag bekommen», sagte der Minister im ARD-Morgenmagazin. Im Ministerium steht man Änderungen bei den Erwerbsminderungsrenten offen gegenüber.

Der Sozialverband VdK begrüßte den Kabinettsbeschluss: Damit werde «eine unverdiente Bestrafung der Rentner» abgewendet, die bereits zahlreiche Nullrunden und weitere Belastungen hätten hinnehmen müssen, sagte VdK-Präsident Walter Hirrlinger. Der Präsident des Sozialverbandes SoVD, Adolf Bauer, kritisierte das Gesetz als Täuschungsmanöver. «Das eigentliche Problem, dass die Ein-Euro-Jobs in die Lohnentwicklung einfließen und sich damit Renten kürzend auswirken, wird nicht beseitigt.»

Der Rentenexperte und Chef der «Wirtschaftsweisen», Bert Rürup, sprach sich gegen unterschiedliche Rentenbeitragssätze für Gering- und Besserverdiener aus, die der SPD-Sozialexperte Karl Lauterbach ins Gespräch gebracht hatte. Die Umverteilung zu Gunsten von Einkommensschwachen sei nicht die Aufgabe der Rentenversicherung, die Unterscheidung nach Gruppen widerspreche der Idee der solidarischen Sozialversicherung, schrieb er in einem vorab veröffentlichten Beitrag in der Wochenzeitung «Die Zeit». (tso/dpa)

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