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Hubertus Heil (r., SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, spricht neben Christian Lindner (FDP).

© dpa/Michael Kappeler

Update

Von Lindner und Heil ausgehandelt: FDP-Politiker wollen Rentenpaket im Bundestag verhindern

Eigentlich hatte sich die Koalition auf das Rentenpaket im Kern geeinigt. Interne Konflikte verzögern nun den Beschluss im Kabinett – zugleich formiert sich Widerstand bei einem Koalitionspartner.

Der FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine hat eine Ablehnung des Rentenpakets im Bundestag angekündigt. „Es muss allen klar sein, dass ein solches Rentenpaket nicht im Bundestag beschlossen werden kann“, sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe innerhalb der FDP-Fraktion der „Bild“ (Mittwoch).

Neben dem Respekt vor Lebensleistung in Form einer guten Rente brauche es auch Respekt gegenüber Beitragszahlern. „Immer weniger Netto vom Brutto aufgrund von explodierenden Rentenbeiträgen bestraft nicht nur Leistung und Arbeit übermäßig, sondern ist auch sozial nicht gerecht.“

Teutrine sagte der Zeitung, dass es ein Rentenpaket nicht geben könne, „das trotz historischem Einstieg in die Kapitaldeckung zu explodierenden Beiträgen führt“.

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FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte ebenfalls in der „Bild“ die Minister der Ampel-Koalition mit Blick auf die Haushaltsberatungen zum Sparen auf. „Ich erwarte insbesondere in Bezug auf den Bundeshaushalt, dass die Ministerien ihre Ausgabenwünsche noch einmal kritisch überprüfen.“ Es gelte jetzt, Prioritäten zu setzen und Reformen vorzunehmen.

Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP, im Bundestag.

© dpa/Jessica Lichetzki

Noch vor Beginn der Detailverhandlungen haben die Etatplanungen für 2025 zum Streit in der Bundesregierung geführt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) drohte am Dienstag mit einem Veto des Rentenpakets, das er vor zwei Monaten gemeinsam mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgestellt hatte.

Erst bei einem Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner am Nachmittag gelang eine Einigung, das Rentenpaket zur Garantie des Rentenniveaus und Einführung einer Aktienrente noch im Mai auf den Weg bringen. Zuvor hatte Lindner nach Angaben eines Insiders einen Kabinettsbeschluss am kommenden Mittwoch mit der Begründung verhindert, dass auch das Heil-Ministerium weitaus höhere Ausgaben für den Etat 2025 angemeldet habe als vorgegeben.

Als Konsequenz aus den seit 2. Mai vorliegenden Ausgabenwünschen aller Ministerien für 2025 stellt Lindner laufende Vorhaben auf den Prüfstand. „Aufgrund hoher Anmeldungen für den Haushalt 2025 müssen aktuelle Vorhaben neu in den Gesamtkontext eingeordnet werden“, sagte eine Ministeriumssprecherin. „Dazu werden regierungsinterne Gespräche geführt.“ Sie bestätigte die Renten-Einigung: „Ein Kabinettsbeschluss des Rentenpakets II ist für Mai geplant.“

Damit dürfte der Streit über die Rentenpolitik in der Koalition aber nicht vom Tisch sein. In der Wirtschaft war das Vorhaben wegen der stärker steigenden Beiträge zur Rentenversicherung auf Ablehnung gestoßen. Aber auch der FDP-Bundesparteitag hatte neue Hürden errichtet und die Zustimmung im Bundestag von zusätzlichen Reformen abhängig gemacht.

Lindners Blockade kam wohl überraschend

Von einem Krisentreffen des Führungstrios könne keine Rede sein, hatte es in Regierungskreisen vor dem Treffen geheißen. Die Blockade des Rentenpakets durch Lindner kam jedoch überraschend. Das Paket sei fertig und kabinettsreif, hieß es in Regierungskreisen.

Lindners Staatsekretär Steffen Saebisch habe in der Staatssekretärsrunde am Montag zur Vorbereitung der Kabinettssitzung erklärt, auch das Arbeitsministerium habe hohe überplanmäßige Mehrausgaben für 2025 angemeldet. Nach Widerspruch des Finanzministeriums wurde das Rentenpaket daher nicht auf die Tagesordnung des Kabinetts am Mittwoch gesetzt.

Ausgabenwünsche übersteigen Vorgaben um etwa 20 Milliarden Euro

Es sei eine Serie von Dreier-Treffen zum Haushalt verabredet worden, hieß es in Regierungskreisen. Das Treffen diene der Bestandsaufnahme, nachdem alle Ministerien bis zum 2. Mai ihre Ausgabenwünsche für 2025 angemeldet hatten. Lindner hatte am Montag kritisiert, einige Ministerien hätten „exorbitante Wunschzettel eingereicht“. Vor allem das Grünen-geführte Auswärtige Amt und die SPD-geführten Ministerien für Entwicklung, Verteidigung und Arbeit sollen über der Ausgabengrenze liegen, die 2023 für 2025 festgelegt worden war.

Die Ausgabenwünsche der Bundesministerien für 2025 übersteigen nach Angaben aus Regierungskreisen die Vorgaben von Lindner um rund 20 Milliarden Euro. Allein Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verlange 7,6 Milliarden Euro mehr, als ihm Lindner zugestehen wolle, erfuhr Reuters am Dienstagabend von einem Regierungsvertreter. Zuvor hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet. Vom Finanz- und vom Arbeitsministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Habeck: Haushaltsstreit „sehr ernst“

Habeck als Verhandlungsführer für die Grünen bewertete den Haushaltsstreit als „sehr ernst“. In der ntv-Sendung „#beisenherz“ sagte Habeck nach Mitteilung des Senders: „Da müssen alle jetzt aufhören zu pokern und sehr schnell miteinander so reden, als wäre es die letzte Runde, die man macht, und nicht ewig lange Schaukämpfe für Parteitage, die eigene Basis und die Medien führen.“

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch warnte die FDP indes davor, das geplante Rentenpaket II wegen des Haushaltsstreits zu verzögern. „Wir verhindern mit dem Rentenpaket das Absinken des Rentenniveaus, um Altersarmut zu verhindern“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Vor allem schützen wir Frauen vor bitterer Armut im Alter. Die Würde von Menschen im Alter werden wir nicht gegen andere Vorhaben ausspielen.“ Audretsch bekräftigte auch die Forderung der Grünen, die Schuldenbremse zu reformieren.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte ebenfalls vor einer weiteren Verzögerung des Rentenpakets. „Die dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus war eines der wichtigen Sicherheitsversprechen aus dem Koalitionsvertrag, um Beschäftigte nicht in die Altersarmut rauschen zu lassen“, erklärte Anja Piel vom DGB. „Die Ampel muss sich auf die Erneuerung dieses großen Versprechens so zügig wie möglich einigen, das ist sie allen abhängig Beschäftigten schuldig.“

Mit dem zweiten Rentenpaket soll bis zum Jahr 2039 festgeschrieben werden, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent eines Durchschnittslohns fallen darf. Zudem soll mit dem vor allem von der FDP geforderten Generationenkapital eine Aktienrente eingeführt werden. Diese soll ab Mitte der 2030er-Jahre durch die Erträge eines überwiegend aus Krediten finanzierten 200-Milliarden-Euro-Fonds die Rentenversicherung entlasten.

Für die Garantie des Rentenniveaus benötigt die Rentenversicherung mehr Geld. Dadurch steigt der Beitragssatz laut dem Reuters vorliegenden Gesetzentwurf bis 2035 um 1,1 Prozentpunkte mehr als bisher angenommen. (dpa/Reuters)

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