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Politik: Kämpfe in der Kodori-Schlucht

In der Zone zwischen Georgien und Abchasien drohen neue Gefechte

Die gute Nachricht: In der KodoriSchlucht, wo Georgien in den letzten drei Tagen einen bewaffneten Aufruhr lokaler Banden niedergeschlagen hatte, wird nicht mehr geschossen. Die schlechte Nachricht; Das dickste Ende kommt womöglich erst. Sollte Georgien den Erfolg nutzen, um sich Abchasien, das sich Anfang der 90er Jahre in einem blutigen Bürgerkrieg für unabhängig erklärte, mit Gewalt wieder einzuverleiben, droht nicht nur ein neuer Waffengang mit den Separatisten, sondern auch mit deren Schutzmacht Russland.

Mitten durch die Kodori-Schlucht, ein schwer zugängliches Massiv im Westkaukasus mit über 3000 Meter hohen Gipfeln, verläuft seit 1994 die Waffenstillstandslinie. An Georgien ging dabei der obere Teil der Schlucht. De facto indes hatten dort bislang lokale Milizen das Sagen: Swanen, zwar enge Verwandte der Georgier, aber mit eigenem nationalen Selbstverständnis.

Real nahm die Zentralregierung in Tiflis das Gebiet erst jetzt in Besitz – unter Protest Russlands und der Separatisten, die von Bruch der Waffenstillstandstandsabkommen sprechen. Sie erklären die Kodori-Schlucht zur entmilitarisierten Zone. Über die Einhaltung der Bestimmungen wachen bis heute etwa 2000 Blauhelme. Formell mit einem Mandat der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS ausgestattet, ist die Friedenstruppe real eine rein russische.

Weil inzwischen die Abchasen-Hauptstadt Suchumi in Reichweite georgischer Geschütze liegt, ist eine Intervention aus Tiflis für die Separatisten und deren Paten nur noch eine Zeitfrage. Umso mehr, als Teile der Banden vor den georgischen Verfolgern nach Abchasien flüchteten. Tiflis nährt derartige Befürchtungen durch weitere Truppenkonzentrationen im Krisengebiet. Allein auf der grenznahen Truppenbasis Senaki sind inzwischen rund 4000 Soldaten und eine Kampfhubschrauber-Staffel stationiert, vor der abchasischen Küste kreuzen drei georgische Kriegsschiffe.

Zusätzlich alarmiert wurden Moskau und Suchumi durch die Verlegung der abchasischen Exilregierung in die Kodori-Schlucht. Sie besteht aus pro-georgischen Politikern und sitzt seit Konfliktbeginn in Tiflis. Der Umzug, so Georgiens Staatschef Michail Saakaschwili in einer Erklärung zur Situation im Krisengebiet, sei eine „fundamentale politische Entscheidung“, mit der Tiflis seine Hoheitsrechte über die abtrünnige Region wieder wahrnehme. Jetzt gelte es, Straßen zu bauen, um das schwer zugängliche Gebiet schnell in den georgischen Staatsverband zu integrieren. Georgiens Parlament hatte vergangene Woche den Abzug der russischen Blauhelme gefordert. Diese, so Parlamentschefin Nino Burdschanadse, würden keine Friedensmission ausüben, sondern versuchen, „Teile Georgiens zu annektieren“.

Die Separatisten hatten Georgien schon zu Beginn der Operation in der Kodori-Schlucht mit einer „adäquaten Antwort“ gedroht, sollte Tiflis „einen bestimmten Punkt“ überschreiten. Sie haben nun alle verfügbaren Kräfte in ihrem Teil der Schlucht zusammengezogen.

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