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Politik: Kalifornien fördert Stammzellforscher

Mehrheit gegen Bushs Beschränkung / Grüne sehen Druck auf Deutschland

Sacramento/Berlin - Kalifornien wird nach dem Wunsch der Wähler zu einem Vorreiter der umstrittenen Stammzellforschung. Hochrechnungen zufolge haben sich dort 69 Prozent der Bürger für die „Proposition 71“ ausgesprochen. Damit wird Kalifornien als erster US-Bundesstaat die Forschung an embryonalen Stammzellen fördern – über zehn Jahre mit drei Milliarden US-Dollar.

In einer teils hoch emotionalen Kampagne hatten sich unter anderem Nobelpreisträger, Microsoft- Gründer Bill Gates sowie der an Parkinson erkrankte Schauspieler Michael J. Fox für die Förderung stark gemacht. Der gelähmte Superman-Darsteller Christopher Reeve pries embryonale Stammzellen noch kurz vor seinem Tod per Werbespot als „die Zukunft der Medizin“. Unterstützt wurde die Initiative von ganz oben. Der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger verließ überraschend die Linie von US-Präsident Bush, der die Förderung mit Bundesmitteln im August 2001 auf die bereits bestehenden 78 Stammzelllinien beschränkt hatte. Bushs demokratischer Herausforderer John Kerry hingegen forderte eine Förderung ohne Stichtag. Umfragen zufolge folgt ihm darin eine große Mehrheit der US-Bürger. Wissenschaftler erhoffen sich von der Stammzellforschung Hilfe im Kampf gegen schwere Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer oder Diabetes.

In Deutschland stieß das Votum auf ein geteiltes Echo. Die Grünen-Abgeordnete Christa Nickels bedauerte die Entscheidung. Dadurch werde sich „der Druck auf Europa und die deutsche Rechtslage erhöhen“, prophezeite sie. Für Ulrike Flach (FDP) ist das Votum der Kalifornier denn auch „ein Signal, dass wir erneut in die Debatte gehen müssen“. Spätestens Anfang 2005 werde die FDP „erneut versuchen, die Stichtagsregelung auszuhebeln“, sagte die Vorsitzende des Forschungsausschusses dem Tagesspiegel. In Deutschland ist die Forschung an Stammzellen nur erlaubt, wenn sie vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden.

Eine Volksbefragung wäre für Flach eine „Möglichkeit, um aus der Stagnation des Parlaments herauszukommen“. Die FDP-Politikerin ist überzeugt: „Würde man klar sagen, welche Volkskrankheiten mit Stammzellforschung mittelfristig eine Heilungschance haben, gäbe es dafür auch eine Mehrheit in Deutschland.“

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Maria Böhmer (CDU), nannte das kalifornische Votum hingegen „fatal“. Es sei darauf zurückzuführen, dass man hochemotional , aber nicht wissenschaftlich fundiert diskutiert habe. Es sei der falsche Eindruck erweckt worden, „dass Menschen durch diese Forschung schon morgen geheilt werden können“, so Böhmer. Auch sei vielen nicht klar, dass man Embryonen töten müsse, um Stammzellen zu erhalten. In Deutschland habe es hingegen eine Wertedebatte gegeben wie kaum anderswo. „Unsere Nachdenklichkeit hat uns sehr zum Vorteil gereicht.“

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