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Politik: Kalter Krieg und warme Worte

Japans Premier Koizumi will in Pjöngjang punkten

Wenn Premier Junichiro Koizumi an diesem Samstag zu Gesprächen mit Diktator Kim Jong Il nach Nordkorea reist, werden Millionen Japaner das Gipfeltreffen vor dem Fernseher verfolgen. Kaum ein Thema hat in den vergangenen Jahren Japans Öffentlichkeit so erregt, wie das Schicksal der in den 70er Jahren nach Nordkorea entführten Japaner. Nachdem vor zwei Jahren erstmals fünf entführte Japaner aus Nordkorea ausreisen durften, will Koizumi nun deren Angehörige nach Japan holen. Pjöngjang hofft im Gegenzug auf eine Normalisierung der Beziehungen und auf japanische Wirtschaftshilfe.

Pjöngjangs Regime hatte bei dem letzten Besuch von Koizumi im Jahr 2002 erstmals zugegeben, japanische Bürger nach Nordkorea entführt und für die Ausbildung von Spionen eingesetzt zu haben. Nach Jahrzehnten praktischer Gefangenschaft in Nordkorea durften im Oktober 2002 fünf japanische Bürger, die in Japan als verschollen galten, für einen Besuch nach Japan ausreisen. Die Entführungen und das Schicksal der in Nordkorea zurückgebliebenen Familien überschatten seitdem die Beziehungen zwischen Tokio und Pjöngjang. Koizumi darf deshalb nicht mit leeren Händen aus Pjöngjang zurückkommen.

Der Regierungschef will sich bei Kim für die Ausreise von sieben Kindern der japanischen Entführungsopfer einsetzen, die noch in Nordkorea leben. Tokio verlangt zudem, dass Pjöngjang das Schicksal von acht weiteren entführten Japanern aufdeckt, die nach Angaben Nordkoreas bereits gestorben sind. Medienberichten zufolge will sich Japan auch für die Ausreise des US-Deserteurs Robert Jenkins einsetzen, der seit knapp vier Jahrzehnten in Nordkorea lebt und dort die entführte Japanerin Hitomi Soga heiratete. Jenkins will Nordkorea jedoch nur verlassen, wenn er in den USA nicht vor ein Militärgericht muss.

Beobachter rechnen damit, dass Pjöngjang bei dem Gipfel Zugeständnisse macht. „Um Nordkoreas Wirtschaft wiederzubeleben, muss Kim die Beziehungen zu Japan so schnell wie möglich normalisieren“, sagte Paik Hak-Soon vom Sejong-Institut in Seoul. In Japan lebt eine große koreanische Minderheit, die in Nordkorea Geschäfte machen könnte. Pjöngjang spekuliert zudem auf Entschädigungszahlungen aus Tokio für Japans Kolonialvergangenheit in Korea.

„Japan wird das Gipfeltreffen mit dem Ziel abhalten, alle offenen Fragen sowie die Normalisierung der Beziehungen gemäß der Pjöngjang-Deklaration zu lösen“, erklärte Japans Kabinettschefsekretär Hiroyuki Hosoda. In der 2002 unterzeichneten „Pjöngjang-Deklaration“ hatte Kim Jong Il ein Moratorium für Raketentests sowie die Einhaltung internationaler Atomverträge zugesichert. Kurz darauf warfen die USA Nordkorea aber vor, heimlich ein auf Uran basierendes Atomwaffenprogramm zu verfolgen.

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