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Politik: Kampf an der Küste

Die EU zerstört jetzt Piratenbasen in Somalia. Eine Stabilisierung des Landes ist nicht absehbar.

Berlin - Nach dem ersten Anti-Piraten- Einsatz an Land hat die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Catherine Ashton, die Aktion gelobt. Die Piraterie bedrohe „den friedlichen Handel, schwächt und untergräbt die Wirtschaft der benachbarten Länder und verursacht zusätzliche Kosten für die weltweite Schifffahrtsindustrie“, sagte sie. Aktuell sind 200 Seeleute Geiseln der Piraten, vor vier Tagen wurde ein Tanker entführt.

Am 23. März hatte die EU beschlossen, Waffen, Schiffe oder Treibstoffdepots von Seeräubern künftig in einem zwei Kilometer breiten Küstenstreifen mit Luftangriffen zerstören zu wollen. Am 10. Mai stimmte der Bundestag gegen die Stimmen der Opposition dieser Ausweitung des Mandats „Atalanta“ zu. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken vor einem Monat hatte die Bundesregierung angegeben, der 3000 Kilometer lange somalische Küstenstreifen sei „dünn oder gar nicht besiedelt“. Deshalb steige das Risiko für die somalische Bevölkerung durch die Erweiterung des Mandats nicht. Auf die Frage, welche Kenntnisse die Bundesregierung über die Verhältnisse vor Ort habe, antwortete die Bundesregierung: „Die derzeitigen Zustände in Somalia, insbesondere in Süd- und Zentralsomalia, lassen die Erarbeitung detaillierter Kenntnisse nicht zu.“

Teil des „Atalanta“-Mandats ist, dass die Übergangsregierung Angriffe auf den Küstenstreifen genehmigen muss. Allerdings hat die von den Vereinten Nationen eingesetzte Regierung – seit mehr als 20 Jahren gibt es keinen somalischen Staat mehr – nur den Großteil der Hauptstadt Mogadischu und einen Teil der näheren Umgebung tatsächlich mithilfe der Friedenstruppe der Afrikanischen Union „Amisom“ unter ihrer Kontrolle. Somaliland im Norden des Landes hat sich schon vor Jahrzehnten für unabhängig erklärt und wird von einer demokratisch gewählten Regierung regiert. Auch das angrenzende Gebiet Puntland ist halb autonom. Dort ist ein Großteil der Piraten-Logistik beheimatet. Außerdem endet das Mandat der Übergangsregierung am 20. August, und die EU hat in dieser Woche erneut klargemacht, dass sie einer Verlängerung nicht zustimmen werde.

„Wahlen sind unmöglich“, stellt Abdirashid Hashi, der Somalia-Analyst der International Crisis Group in der kenianischen Tageszeitung „Daily Nation“ fest. Im UN-Sicherheitsrat ist beschlossen worden, dass stattdessen135 Clan-Chefs eine Verfassungsversammlung und das Parlament bestimmen. Letzteres soll dann die nächste somalische Regierung wählen. Speziell im von der islamistischen Al-Schabaab-Miliz beherrschten Zentral- und Südsomalia dürfte es den Clan-Älteren jedoch schwerfallen, sich zu beteiligen. In dieser Woche wurde eine ganze Gruppe von der Miliz entführt. mit AFP

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