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Update

Bürgerkrieg: Kampf der Gotteskrieger in Syrien

Am Kampf gegen das Assad-Regime nehmen auch Dschihadisten teil. Das nährt Zweifel am Aufbau einer Demokratie mit religiöser Toleranz nach einem Sturz von Assad. Dessen Truppen haben derweil eine Offensive in Aleppo gestartet.

In Syrien verdichten sich die Hinweise auf die Teilnahme von Islamisten aus der Türkei und anderen Ländern an den Kämpfen gegen die Regierung von Präsident Baschar al Assad. Erstmals gibt es jetzt einen konkreten Namen: Osman Karahan, der frühere Anwalt des „Kalifen von Köln“ in der Türkei, ist in Aleppo bei Kämpfen getötet worden. Die Regierung in Syrien macht schon länger ausländische Extremisten für die Gewalt im Land mitverantwortlich. Doch auch die USA sorgen sich wegen der Anziehungskraft Syriens für Dschihadisten: Die Anwesenheit islamischer Extremisten nährt Zweifel am Aufbau einer Demokratie mit religiöser Toleranz nach einem Sturz von Assad.

Karahan starb bei den Versuchen der Regimegegner, den Vormarsch der Regierungstruppen in Aleppo abzuwehren. Am Mittwoch begannen die Sicherheitskräfte dort mit einer seit Tagen erwarteten Großoffensive zur Rückeroberung von Stadtteilen, die von der Opposition eingenommen worden waren. Etwa 6000 bis 8000 Rebellen stehen in Aleppo etwa 20 000 Regierungssoldaten gegenüber, die dort zusammengezogen wurden. Der Kampf um Aleppo, der als Entscheidungsschlacht im Syrien-Konflikt gilt, zieht auch viele Dschihadisten an.

Die Familie von Karahan erklärte gegenüber der türkischen Presse, Karahan habe sich dem „Existenzkampf der syrischen Muslime“ angeschlossen und sei in Aleppo von Assads Truppen erschossen worden. Der islamische Hassprediger Metin Kaplan, genannt „Kalif von Köln“, war 2004 von Deutschland an die Türkei ausgeliefert worden und verbüßt derzeit eine 17-jährige Haftstrafe.

In den vergangenen Monaten ist viel über die Ankunft internationaler Dschihadisten in Syrien spekuliert worden. Arabisch aussehende junge Männer, die plötzlich in türkischen Grenzprovinzen auftauchten, wurden von Einheimischen als ausländische Extremisten bezeichnet, doch handfeste Beweise fehlten bisher. Der Fall Karahan zeigt, dass sich einige radikale Islamisten tatsächlich berufen fühlen, den Regimegegnern beizuspringen.

Unter Feuer. Ein Kämpfer der Freien Syrischen Armee bringt sich bei einem Angriff von Regierungstruppen nahe der Stadt Aleppo in Sicherheit.

© dapd

Niemand weiß genau, wie viele es sind und aus welchen Ländern sie kommen. Die syrische Opposition zählte laut Pressemeldungen seit Juli rund 15 bis 20 ausländische Kämpfer pro Tag, die von der Türkei aus oder aus Jordanien nach Syrien gelangen. Zwei westliche Fotojournalisten wurden im Juli nach eigenen Angaben in Syrien von Islamisten gefangen genommen, die aus Pakistan, Bangladesch, Tschetschenien und Großbritannien kamen. Die beiden Journalisten konnten mithilfe von Mitgliedern der Oppositionstruppe Freie Syrische Armee (FSA) fliehen.

Die FSA ist besorgt über die Ankunft der Fremden – denn die syrische Opposition weiß, dass ihr internationaler Rückhalt schwindet, wenn der Eindruck entsteht, dass die Assad-Gegner von Al Qaida unterwandert werden. Auch gelten die ausländischen Islamisten bei der FSA als Risiko für den Aufbau eines neuen Staates nach der erhofften Vertreibung des Assad-Regimes.

Nicht nur die Syrer selbst machen sich Sorgen. Daniel Benjamin, Leiter der Antiterror-Abteilung im US-Außenministerium, erklärte kürzlich, das Chaos erleichtere es Dschihadisten, in Syrien einzugreifen: Zum einen hat die FSA keine Kontrolle über alle Grüppchen, die gegen Assad kämpfen. Und zum anderen klagen die Assad-Gegner, dass ihre Truppen gegen die Übermacht der Assad-Armee einen schweren Stand haben – Leute mit Kampferfahrung sind da möglicherweise so manchem Rebellenkommandanten willkommen.

Die USA befürchten unter anderem, dass sich radikale sunnitische Islamisten nach einem Sturz von Assad auf Racheakte gegen die muslimische Minderheit der Alewiten verlegen könnten, jener Religionsgemeinschaft, der Assad und die meisten Mitglieder der syrischen Führungselite angehören. Auch Gewaltaktionen gegen die Christen in Syrien wären aus amerikanischer Sicht zu befürchten.

Allerdings sind ausländische Kämpfer in Syrien womöglich nicht nur auf der Seite der Opposition zu finden. Mehrere tausend Schiiten aus dem Iran und aus dem Libanon nehmen nach unbestätigten Berichten in den Reihen der Regierungstruppen an den Gefechten teil.

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