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Die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: Kerstin Claus.

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Kampf gegen sexuellen Missbrauch: Ampelkoalition will Opfern per Gesetz Recht auf Akteneinsicht geben

Betroffene sollen die Möglichkeit bekommen, Prozesse bei Ämtern anzustoßen. Der Staat sei in der Verantwortung, sagt die Regierungsbeauftragte Claus – und kündigt weitere Schritte an.

Die Ampelkoalition will Opfer von sexuellem Missbrauch besser unterstützen und dafür ein neues Gesetz vorlegen. Damit sollen die Rechte von Betroffenen gestärkt und unter anderem die Möglichkeit auf Akteneinsicht bei Behörden eingeführt werden.

„Es geht um ein Recht, Prozesse anzustoßen, ein Recht auf Sichtbarmachen“, sagte die Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Zum Beispiel mit einem Anspruch auf Akteneinsicht bei Jugendämtern.“

Wenn der Bund dies für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe festlege, hofft sie, dass auch die Länder nachziehen und so zum Beispiel Betroffenen Akteneinsicht für Schulakten ermöglichen. Claus sieht darin eine „große Chance im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen.“

Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist auch heute ein gravierendes Risiko für das Aufwachsen in Deutschland.

Kerstin Claus, Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs

Geregelt werden soll das in einem Gesetz, das auch Claus’ Position als Beauftragte, den Betroffenenrat als beratendes Gremium und die Unabhängige Aufarbeitungskommission stärken soll.

In dem Gesetzentwurf, der nach Informationen der Zeitungen kurz vor dem Abschluss der Ressortabstimmung steht, sind demnach auch noch weitere Unterstützungsleistungen vorgesehen für Menschen, die Missbrauch erlebt haben, etwa Information und konkrete Beratung, wie man Akteneinsicht bekommt.

„Da geht es um eine Form von nachholender Gerechtigkeit“, sagte Claus. „Hier sehe ich den Staat und die Gesellschaft in der Verantwortung. Sie waren es, die nicht hingesehen haben, die nicht geschützt haben.“

Claus weiter: „Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist auch heute ein gravierendes Risiko für das Aufwachsen in Deutschland. Es geht Betroffenen nicht nur um die eigene Biografie. Was viele von ihnen motiviert, sichtbar zu werden, ist der Wunsch: Das darf sich nicht wiederholen.“

Es gebe viele Betroffene, die aktuell keine rechtliche Grundlage hätten, in Verfahren sichtbar zu machen, was sie erlebt haben, sagte Claus. „Weil die Taten verjährt sind oder einfach nicht nachweisbar. Neben der persönlichen Verarbeitung stellen viele sich die Frage, wie das passieren konnte. Warum hat das niemand gesehen, warum hat niemand unterstützt?“

Zudem solle ein bisher einmaliges Forschungsvorhaben angestoßen werden, dass das große Dunkelfeld beim Thema sexueller Missbrauch erhellen soll. Geplant ist laut Claus eine großangelegte Befragung von Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen.

Die Daten sollen demnach Grundlage sein für einen verpflichtenden Bericht der Beauftragten an den Bundestag über das Ausmaß des Problems und Lösungsansätze. (lem)

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