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Politik: Kampf ums Revier

Die Kompetenzen von Bund und Ländern sollen entflochten werden – Lobbyisten machen das schwer

Berlin - Die deutschen Jäger sind große Zentralisten, Deutschland ist für sie ein einig Revier. Weil das so ist, hat ihr Verband stets gefordert, das Jagdrecht solle nicht mehr von den Ländern, sondern vom Bund gemacht werden. Aber nur, wenn der Agrarminister die Sache in die Hand bekommt. Und bloß nicht der möglicherweise strengere Umweltminister. In dem Fall sollten dann doch besser die Länder regeln. Die Anekdote erzählte kürzlich der sächsische Justizminister Thomas de Maizière seinen Mitstreitern aus Bundestag und Bundesrat in der Föderalismuskommission als Beispiel dafür, wie interessengeleitet doch die Zuständigkeitsdebatte sei. Die Jäger werden wohl Pech haben. Zwar bekommen sie ihre Bundeszuständigkeit. Da aber in der Kommission die Meinung herrscht, Jagdrecht sei nicht vom Naturschutz und der Landschaftspflege zu trennen, die wiederum zum Umweltrecht gehören, werden wohl künftig Jürgen Trittin und seine mehr oder weniger grünen Nachfolger den Jägern die Regeln setzen.

Zu einer klaren Entflechtung der Zuständigkeiten zu kommen, war eines der Hauptziele der Kommission. Keine einfache Aufgabe. Die meisten Sachverständigen in der Kommission – Verfassungsrechtler und Politologen – warnten davor, es bei der Trennung zwischen Bund und Ländern zu übertreiben. Sie schlugen vor, ein flexibles System beizubehalten, das je nach Sachlage entweder dem Bund oder den Ländern die Zuständigkeit gibt. Doch waren die Gelehrten nicht eins, wie man diesen Wunsch mit dem Auftrag der Kommission nach mehr Trennung verbinden kann. Umso größer ist nun die Spannung, was Franz Müntefering und Edmund Stoiber, die Chefs der Föderalismuskommission, an diesem Mittwoch vorlegen werden.

Teils hat die Kommission die gewünschte Trennung zwischen Bund und Ländern vollzogen. So soll Bildungspolitik bald allein Sache der Länder sein, mit Ausnahme der Forschungsförderung. Nur einige Mindeststandards bei Hochschulzugang oder der Qualitätssicherung der Hochschulen sollen bundeseinheitlich bleiben. Umstritten ist, ob auch die berufliche Bildung regional geregelt werden kann. Auf Bundesseite gibt es, unterstützt durch alle Wirtschaftsverbände, Widerstand: Eine Regionalisierung gefährde das duale System der Ausbildung und zersplittere die Berufsbilder, heißt es. Firmen wie Siemens drohen damit, dann nur noch in einem Bundesland auszubilden.

Ganz ähnlich ist die Lage bei der Kinder- und Jugendhilfe, doch hier sind die Sozialverbände am zentralistischen Werk. Die meisten Länder würden hier gern selbst entscheiden. „Es wäre eine Abrundung unserer Bildungskompetenzen“, sagt der Stuttgarter Regierungschef Erwin Teufel (CDU). Doch nur auf wenigen Feldern sei der Widerstand dagegen besser organisiert. Zudem würde bei einer Regionalisierung der Kinder- und Jugendhilfe das Bundesministerium von Renate Schmidt mehr oder weniger arbeitslos. Ob die Sozialhilfe Ländersache wird, ist noch nicht ausgemacht. Und auch beim Wirtschaftsrecht ist die Verbandsmacht stark – und zentralistisch. Hier werden die Länder wenig bewegen können, zumal auch die meisten Bundestagsvertreter aus Gründen des einheitlichen Wirtschaftsraums hier auf Bundeszuständigkeit pochen. So wird wohl nur der Ladenschluss, das Gaststättenrecht und ein Teil des Gewerberechts regionalisiert.

Auch bei der Arbeitsmarktpolitik wird es wohl beim bestehenden Zentralismus bleiben, zumindest vorerst. Die Ländermehrheit möchte die Arbeitsmarktpolitik gerne selbst in die Hand nehmen, weil sie darin ein Instrument der regionalen Wirtschaftspolitik sieht. Aber da gibt es die Bundesagentur für Arbeit, und die hat gewichtige Fürsprecher in Berlin. Zudem ist die Arbeitsmarktpolitik – also die Förderung Arbeitsloser – nicht ganz einfach zu trennen von der Arbeitsvermittlung.

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