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Politik: Kanzler sagt dem Wohlfahrtsstaat ade

In der Regierungserklärung fordert Schröder von jedem seinen Beitrag / Merkel: Rot-Grün macht arm

Von Hans Monath

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat in seiner Regierungserklärung für die kommenden vier Jahre grundlegende und auch unbequeme Reformen angekündigt. Gleichzeitig rief Schröder die Bürger am Dienstag im Bundestag zu gemeinsamen Anstrengungen auf. „Es geht nicht nur immer darum, zu fragen, was nicht geht, es geht darum, was jeder von uns dazu beitragen kann, dass es geht“, sagte er. Das Sparpaket verteidigte der Regierungschef als sozial ausgewogen. Die Opposition warf dem Kanzler vor, er habe kein schlüssiges Konzept für seine Politik. „Rot-Grün macht arm“, sagte CDU/CSU-Fraktionschefin Angela Merkel.

Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage sei „jetzt nicht die Zeit, immer neue Forderungen zu stellen“, sagte Schröder. Die Bürger müssten Verständnis dafür haben, „dass man bei bestimmten staatlichen Leistungen auch einmal langsamer treten muss“, sagte der SPD-Chef, ohne konkrete Einschnitte zu nennen. Der „allgegenwärtige Wohlfahrtsstaat“ sei nicht nur unbezahlbar, sondern auch „ineffizient und inhuman“.

Mit einer Politik der sozialen und ökologischen Erneuerung wolle die Regierung Zeichen für das gesamte Jahrzehnt setzen, sagte Schröder. Dabei fordere die Regierung gesellschaftliche Verbänden und Bürger zu einer neuen „Vertrauenspartnerschaft“ auf. Bei der Überwindung wirtschaftlicher Probleme „brauchen wir das Mitwirken von allen auf allen Ebenen“, sagte Schröder. Wo immer möglich, werde die Koalition bei den anstehenden Reformen den Konsens suchen. Der Vorrang der Politik dürfe aber nicht in Frage gestellt werden. Rot-Grün werde „Mut zur politischen Gestaltung“ aufbringen. Als wichtigste Aufgabe der neuen Legislaturperiode bezeichnete Schröder die Reform der Arbeitsmärkte. Dafür wolle seine Regierung die Vorschläge der Hartz-Kommission „ohne Abstriche umsetzen“.

Auch für das Gesundheitswesen kündigte der Kanzler weitreichende Reformen an. Dessen Leistungsfähigkeit lasse sich nur sichern, wenn Strukturen verändert, die Systeme geöffnet und „die in hohem Maße vorhandenen Effizienzreserven“ mobilisiert würden. Um die Leistungen für alle Versicherten verfügbar zu halten, seien „mehr Verantwortung und mehr Wettbewerb im System“ notwendig, sagte Schröder.

Unionsfraktionschefin Merkel nannte den Koalitionsvertrag ein Dokument der „Enttäuschung, der Täuschung und der Vertuschung“. Dem Kanzler sprach die CDU-Parteichefin die Fähigkeit ab, die Menschen im Lande zu führen und ihre schöpferischen Kräfte zu wecken. Die Wähler seien bewusst getäuscht worden, sagte Merkel. So seien die höhere Neuverschuldung und die Kürzung der Eigenheimzulage erst nach der Wahl bekannt geworden.

Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) äußerte die Hoffnung, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 2004 an senken zu können. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung gibt es im Bereich der Arbeitslosenhilfe ein Sparpotenzial von rund 4,7 Milliarden Euro.

EITEN 3 UND 17

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