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Karikaturen-Streit: "Meinungsfreiheit ist nicht verhandelbar"

Die EU-Kommission hat sich in einer Debatte im Europaparlament deutlich für die Verteidigung der Pressefreiheit ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte unterdessen Wirtschaftssanktionen ab.

Berlin/Straßburg/Moskau - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Streichung von europäischer und deutscher Entwicklungshilfe wegen der gewaltsamen Proteste von Muslimen gegen die Mohammed-Karikaturen ausgeschlossen. «Ich halte nichts davon, jetzt irgendwelche Boykotte auszurufen», sagte Merkel in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview des Hamburger Magazins «Stern».

Gleichzeitig hat die Europäische Union noch einmal jede Einschränkung der Pressefreiheit abgelehnt. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte am Mittwoch in einer Debatte im Europaparlament in Straßburg: «Meinungsfreiheit gehört zu den europäischen Werten und Traditionen. Ich sage ganz klar: Meinungsfreiheit ist nicht verhandelbar.» Wie alle anderen Freiheiten erfordere sie jedoch das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen. Barroso sowie Vertreter aller Parlamentsfraktionen und der österreichische Ratsvorsitz sprachen Dänemark ihre volle Solidarität aus.

Die russische Regierung hat den Medien des Landes mit Strafen bis zum Verbot gedroht, wenn sie religiöse Gefühle verletzen. «Sollte ein russisches Medium Material veröffentlichen, das die Gefühle von Gläubigen verletzt, werden unverzüglich die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen ergriffen bis hin zum Entzug der Lizenz», erklärte am Mittwoch die Medienaufsichtsbehörde in Moskau.

Unterdessen gingen anti-westliche Demonstrationen in islamischen Ländern weiter. In Pakistan wurden dabei am Mittwoch drei Menschen getötet. In der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar kam ein Demonstrant ums Leben, als ein Strommast auf ihn fiel. Augenzeugen berichteten, bei den Ausschreitungen sei außerdem ein siebenjähriger Junge gestorben. In der ostpakistanischen Stadt Lahore kam es trotz eines Demonstrationsverbots zu Zusammenstößen zwischen Studenten und Polizisten, bei denen nach Medienberichten ein Mensch getötet wurde.

In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa steht seit Mittwoch der Chefredakteur der englischsprachigen Zeitung «Yemen Observer» vor Gericht, weil er vier der insgesamt zwölf umstrittenen Mohammed- Karikaturen aus Dänemark abgedruckt hatte. Ein italienischer Minister hat sich T-Shirts mit den umstrittenen dänischen Mohammed-Karikaturen drucken lassen. «Es ist Zeit, damit aufzuhören, uns das Märchen zu erzählen, dass wir mit den Muslimen den Dialog suchen müssen», erklärte Reform-Minister Roberto Calderoli von der rechtspopulistischen Liga Nord. (tso/dpa)

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