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Politik: Karlsruher Kontrolle

Bundesverfassungsgericht zeigt Skepsis bei der automatischen Erfassung von Fahrzeug-Kennzeichen

Ohne den Blick nach Karlsruhe kann derzeit kaum ein Sicherheitsgesetz auf den Weg gebracht werden. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts haben in ihren jüngsten Anhörungen und Entscheidungen hohe Hürden für neue Überwachungsmaßnahmen aufgestellt. Am Dienstag verhandelte der erste Senat nun darüber, ob Autofahrer auch weiterhin ohne Anlass mit der automatischen Erfassung ihrer Kennzeichen rechnen müssen. Die Entscheidung des Gerichts, mit der Anfang 2008 zu rechnen ist, könnte Auswirkungen auf die zwischen Union und SPD verabredete Verwendung der Mautdaten für die Strafverfolgung haben.

In ihrer Verfassungsbeschwerde hatten drei Autofahrer aus Hessen und Schleswig-Holstein gegen die automatische Kennzeichenerfassung Einspruch erhoben. Die Erfassung wird in beiden Ländern im Landespolizeigesetz geregelt. In insgesamt acht Bundesländern müssen Autofahrer (allerdings unter je unterschiedlichen Voraussetzungen) damit rechnen, dass ihre Kennzeichen von fest installierten Videokameras oder aus einem Polizeiwagen heraus erfasst, die DAten digitalisiert und dann mit einer Fahndungsdatei abgeglichen werden.

Die Kläger bezeichneten die lückenlose Kontrolle als „Dammbruch“. Ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei verletzt. Denn ohne dass man irgendeinen Verdacht errege, müsse man jederzeit damit rechnen, dass das Autokennzeichen erfasst und mit Fahndungslisten abgeglichen werde. Vor allem bestehe aber die Gefahr, dass Bewegungsbilder erstellt würden. Auch wenn das nach dem gegenwärtigen Stand der Technik noch nicht möglich sei, setze das Gesetz keinerlei Grenzen für solch einen Einsatz. Sobald die KFZ-Kennzeichen mit Chips ausgerüstet seien, seien Bewegungsbilder möglich. Das Gesetz zur automatischen Kennzeichenerfassung sei unverhältnismäßig.

Der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) sprach in Karlsruhe von einem „Grundrechtseingriff an der Bagatellgrenze“. Unverdächtige Fahrzeuge würden weder angehalten, noch die Fahrer kontrolliert, die Daten würden unverzüglich gelöscht.

Die Richter aber stellten zahlreiche kritische Nachfragen. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier fragte Bouffier, wo das Gesetz Bewegungsbilder explizit ausschließe. Auch die Kompetenz der Länder stand zur Diskussion. Papier wies darauf hin, dass die erhobenen Daten zum Zweck der Strafverfolgung weitergegeben werden könnten. Damit werde der Bereich der Prävention verlassen, Strafverfolgung sei aber Bundesangelegenheit.

Rechtsanwalt Udo Kauß, Vertreter der Beschwerdeführer, hofft angesichts der Nachfragen, dass das Gericht den Ländern zumindest auferlegt, den Umfang der Kontrollen einzuschränken. „Man muss die Voraussetzungen für die Erfassung so hoch setzen, dass auf dem Weg die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.“

Mit Spannung blickten am Dienstag auch Bundesjustiz- und -innenministerium nach Karlsruhe. Nach Darstellung des innenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) hat das Innenministerium längst angeboten, ein Gesetz für die Mautdatenverwendung vorzulegen. „Aber das Justizministerium bremst.“ Der SPD-Innenpolitiker Fritz-Rudolf Körper dagegen betont, die SPD sei bereit, Gespräche zu führen. „Aber was wir nicht mitmachen, ist eine anlasslose Verwendung“.

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