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Kassenbeiträge: "Die Gesundheitspolitik hat völlig versagt"

Angesichts der Welle von Beitragserhöhungen bei den Krankenkassen haben führende Wirtschaftsverbände die Regierung heftig kritisiert. Ministerpräsident Oettinger drohte erneut, der Gesundheitsreform nicht zuzustimmen.

Berlin - "Es kann nicht sein, dass die Beitragssätze ein neues Rekordniveau erreichen, ohne dass auch nur versucht wird, wirkungsvoll gegenzusteuern", sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, der "Bild"-Zeitung. Auch andere Wirtschaftsverbände äußerten sich ähnlich.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, warnte vor den wirtschaftspolitischen Folgen des Kostenschubs. "Höhere Kassenbeiträge sind Gift für Wachstum und Beschäftigung. Es ist enttäuschend, dass von Entlastungen überhaupt keine Rede mehr ist", sagte Braun der "Bild"-Zeitung. "Die Gesundheitspolitik hat völlig versagt", kritisierte der Präsident des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Josef Sanktjohanser. "Sinkende Lohnnebenkosten wurden versprochen - jetzt steigen sie. Das kostet Jobs und gefährdet den Aufschwung." Hundt sagte: "Die Koalition muss sich jetzt zusammenreißen, damit die Gesundheitsreform nicht ganz nach hinten los geht."

Oettinger stellt Zustimmung im Bundesrat in Frage

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) bekräftigte seine Skepsis gegenüber der Reform, seit ein Gutachten unter anderem für Baden-Württemberg erheblich höhere Belastungen errechnet hatte: "Nicht nur das Kieler Gutachten, auch meine Fachleute sagen mir, dass die Mehrkosten durch die Reform für Baden-Württemberg weit über den ursprünglich von der Bundesgesundheitsministerin angekündigten 50 Millionen Euro liegen. " Oettinger sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" weiter: "Solange Ulla Schmidt das nicht entkräftet, ist für mich die Geschäftsgrundlage für meine Zustimmung zur Gesundheitsreform nicht mehr vorhanden." Einen völligen Verzicht auf die Reform lehnte er aber ab.

Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) wandte sich gegen die Kritik von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) an den Krankenkassen. "Die Krankenkassen stehen auch wegen des geplanten Gesundheitsfonds unter dem Druck, ihre Schulden abzubauen", sagte sie dem "Münchner Merkur". Hinzu kämen die Kostensteigerungen und der "Unsicherheitsfaktor, wie es politisch im kommenden Jahr weitergeht".

Der Präsident der Gesellschaft für Versicherte und Patienten, Wolfram-Arnim Candidus, rechnete unterdessen mit weiteren Beitragssteigerungen auch nach der Gesundheitsreform. Weder in den vergangenen Jahren noch bei der jetzigen Reform sei eine Verbesserung der Strukturen vorgenommen worden, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Durch strukturelle Reformen könnten Effizienzreserven in Höhe von 30 Milliarden Euro herausgeholt werden, um die Beiträge zu senken. Candidus forderte auch eine Überprüfung der Kassen durch die Rechnungshöfe. (tso/AFP)

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