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Politik: Katholikentag in Hamburg eröffnet: "Lasst euch nicht auseinander dividieren" - Papst mahnt deutsche Katholiken in Grußbotschaft zur Geschlossenheit

Papst Johannes Paul II. hat die deutschen Katholiken zur Geschlossenheit aufgerufen.

Papst Johannes Paul II. hat die deutschen Katholiken zur Geschlossenheit aufgerufen. "Die Einheit sei euch ein hohes Gut! Lasst euch in euren Initiativen von keiner irdischen Macht auseinander dividieren", mahnte das Kirchenoberhaupt in einer am Donnerstag vor 30 000 Gläubigen auf dem 94. Deutschen Katholikentag in Hamburg verlesenen Grußbotschaft. Zur Eröffnung des Treffens am Vortag hatte sich der Streit zwischen Reformkräften und konservativen Bischöfen um die Schwangerenkonfliktberatung und das angeblich zu wenig religiöse Profil des Katholikentags zugespitzt.

Beim zentralen Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt verlas der Apostolische Nuntius, Giovanni Lajolo, auf dem Hamburger Fischmarkt das Papst-Wort. Darin erklärt Johannes Paul: "Nur gemeinsam sind wir stark." Die Kirche habe ein Wächteramt und müsse die Zeitgenossen aufwecken "aus dem Schlaf der Sicherheit und Bequemlichkeit". Er sei sicher, dass die Katholiken in Deutschland diesem Weckdienst "treu bleiben werden".

Auf die jüngsten Kontroversen um die Schwangeren-Konfliktberatung und um den Katholikentag ging der Papst nicht direkt ein. Er nannte aber als wichtiges Thema, zu dem die Stimme der Katholiken gefragt sei, den "Schutz des menschlichen Lebens in jeder Phase von der Zeugung bis zum natürlichen Tod". Außerdem erwähnte er den Schutz von Ehe und Familie sowie die Wahrung der Sonntagskultur in einer "von ökonomischen Interessen bestimmten Gesellschaft". Positiv äußerte sich der Papst über den Katholikentag als christliches Forum zum Dialog und gemeinsamen Handeln. Das Programm sei ein Spiegel für die Vielfalt und Lebendigkeit der Kirche in Deutschland. "Mit Dankbarkeit und Wertschätzung betrachte ich das bunte Bild, das dieser Spiegel darbietet", schrieb Johannes Paul. Der Katholikentag zeige, dass die Kirche in Deutschland bereit sei, auf die Zeichen der Zeit zu hören und sie im Lichte Gottes zu deuten.

Am Vortag hatte Erzbischof Johannes Dyba (Fulda) das Treffen dagegen als "politischen Jahrmarkt" kritisiert, vieles habe nichts mehr mit dem Glauben zu tun. Wie Kardinal Joachim Meisner (Köln) kritisierte Dyba außerdem die Arbeit des von katholischen Laien gegründeten Vereins Donum Vitae zur Beratung von Schwangeren in Notlagen als nicht vereinbar mit der katholischen Lehre.

Donum Vitae und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) als Veranstalter des Katholikentags wiesen die Kritik entschieden zurück. ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer sagte, er sehe keinen Ansatz, "sich mit solchen Beschuldigungen in intellektuellen Kategorien auseinander zu setzen". Der Katholikentag verstehe sich als Forum des Dialogs, nicht aber als "Ort der Beliebigkeit". Im Mittelpunkt des Treffens standen am Donnerstag Foren unter anderem zu den Themen Ausländerintegration, Menschenrechte, Zukunft der kirchlichen Gemeindearbeit und zu Donum Vitae.

Der Hamburger Erzbischof Ludwig Averkamp rief die Christen auf dem Katholikentag dazu auf, im Alltag nicht das Ziel ihres Lebens aus dem Auge zu verlieren. Die Menschen in Ost und West stünden in der gleichen Gefahr, die "große Hoffnung" zu lassen und sich mit kleineren Erwartungen an das Leben zu begnügen, sagte er bei einer Eucharistiefeier auf dem Hamburger Fischmarkt. Obwohl das Detailwissen über das komplizierte "Räderwerk unserer Welt" immer mehr zunehme, wüssten viele nicht mehr, in welchem Hafen ihr "Lebensschiff" landen solle, fügte er vor mehreren tausend Gläubigen hinzu.

Die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Annette Schavan, warf Kritikern des 218-Beratungssystems vor, einer Fristenregelung den Weg zu bereiten. In unzulässiger Weise sei über "eine neue Deutung des Beratungsscheins" diskutiert worden, sagte sie auf dem Laientreffen. Wer den Schein nicht wolle, "öffnet die Tür zur Fristenregelung".

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) mahnte größere Anstrengungen zur Integration von Zuwanderern in Deutschland an. Integration sei immer auch Aufgabe für beide Seiten: "Wer dauerhaft in Deutschland lebt, wer integriert werden will, muss bereit sein, Deutsch zu lernen." Am Abend des Himmelfahrtstages war Altbundeskanzler Helmut Schmidt zu einer Veranstaltung eingeladen.

Am Freitag gehört der Auftritt des 1979 vom Papst gemaßregelten Tübinger Theologen Hans Küng zu den Höhepunkten. Außerdem werden Reformkräfte ein von Rom und auch der Katholikentagsleitung unerwünschtes Abendmahl mit Geistlichen von vier christlichen Konfessionen feiern.

Der Katholikentag war am Mittwochabend mit einem Aufruf zur Einheit der Christen und zu gesellschaftlichem Engagement vor 20 000 Menschen eröffnet worden. Eine aufgeschlossene Atmosphäre, aber auch Besinnlichkeit prägte die musikalisch umrahmte Eröffnungsfeier bei strahlendem Frühsommerwetter, lila Luftballons stiegen auf zum blauen Himmel. Tausende Christen aus ganz Deutschland kamen mit Sonderzügen, Bussen und per Schiff zum ersten Hamburger Katholikentag in der 152-jährigen Geschichte der Treffen.

Mehr als 1000 Veranstaltungen sind bis Sonntag geplant. Als prominentester Gast wird Bundespräsident Johannes Rau (SPD) am Sonnabend sprechen. Das Programm reicht von einer Schiffswallfahrt über Rollschuhpilgern bis zu Rockkonzerten. Gottesdienste, Meditationen, Beichtgelegenheiten und Bibelarbeiten bestimmen den religiösen Teil.

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