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Papst Benedikt XVI.

© AFP

Katholische Kirche: "Als Gescheiterten kann ich mich nicht sehen"

Der frühere Papst Benedikt XVI. zieht in einem Interview-Buch Bilanz über seine Amtszeit. Ein kleines Porträt

Benedikt XVI. hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er das Papstamt als eine Last empfand. Er bezeichnete sich gerne als „Packesel des Herrn“. Während des Konklave 2005 betete er, dass der Kelch an ihm vorüber gehen würde. Doch es kam anders. Acht Jahre lang saß er auf dem Heiligen Stuhl in Rom, bis er 2013 überraschend zurücktrat.

Nicht immer führte er die Kirche mit glücklicher Hand. Er brachte zum Beispiel die jüdische Gemeinschaft gegen sich auf, machte sich in der islamischen Welt unbeliebt und tat sich auch schwer damit, Reformen im Vatikan anzustoßen. „Ich bin jemand, der die geistigen Dinge überlegt und bedenkt. Das praktische Regieren ist nicht so meine Seite“, gibt der emeritierte Pontifex jetzt zu. Doch als Gescheiterten könne er sich nicht sehen.

Es ist das erste Mal, dass ein Papst sein Pontifikat bilanziert

Der Münchner Publizist Peter Seewald hat Benedikt in seinem Haus im Vatikan besucht und mehrere Gespräche mit ihm geführt, wie er es bereits früher für drei Interview-Bücher getan hatte. In dem aktuellen Buch bilanziert der Papst seine Amtszeit. Es ist das erste Mal, dass ein Papst dazu in der Lage ist. Es gehe ihm um die Wahrheit, sagt Benedikt. Denn offenbar treibt ihn die Sorge um, er könne durch seinen spektakulären Rücktritt als Fahnenflüchtiger dastehen, als einer, der sich der Verantwortung entzogen hat oder womöglich sogar erpresst wurde. Nach dem Rücktritt kursierten jede Menge Gerüchte über die Motive.

Der Schritt sei wohlüberlegt, das Rücktrittsschreiben bereits zwei Wochen zuvor auf Latein ausformuliert gewesen, führt der Altpapst im Gespräch mit Seewald nun aus. Kein Vatileaks-Skandal, auch keine andere Intrige hätten ihn zu dem Schritt gezwungen. Vielmehr habe er sich nach einer Mexiko-Reise „nicht gut“ gefühlt und gemerkt, wie seine Kräfte nachließen. Der Entschluss sei über Monate gereift. „Ein Zurückweichen unter einem Druck oder eine Flucht davor, diese Dinge nicht mehr bewältigen zu können, war nicht der Fall.“

Auch Benedikt hat Angst vorm Sterben

Seitdem führt er ein ruhiges Leben, geht in den vatikanischen Gärten spazieren, empfängt Gäste und meditiert – was ihm allerdings nicht so oft gelingt, wie er es sich wünscht, „weil ich einfach innerlich nicht stark genug bin, um mich ständig den göttlichen und geistlichen Dingen hinzugeben“. An seinem Nachfolger schätzt er dessen Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen. Franziskus habe „Frische“ in die Kirche gebracht. Vermutlich ist es das letzte lange Interview mit dem heute 89-Jährigen. Denn auch das erfährt der Leser: Joseph Ratzinger bereitet sich auf den Tod vor. Selbst den Stellvertreter Gottes treibt dabei die Angst um. Er fragt sich, ob Gott über seine Fehler und Sünden hinwegschauen werde? Er wolle Gott bitten, „dass er Nachsicht mit meiner Armseligkeit hat“.

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