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Politik: Keine Chance für Unabhängige bei Wahlen in Libanon

Kairo - Monatelang war die libanesische Jugend über konfessionelle Grenzen hinweg geeint wie noch nie. Christen und muslimische Sunniten marschierten bei Massendemonstrationen Seite an Seite.

Kairo - Monatelang war die libanesische Jugend über konfessionelle Grenzen hinweg geeint wie noch nie. Christen und muslimische Sunniten marschierten bei Massendemonstrationen Seite an Seite. Sie zwangen die Politiker ihrer Lager zur Zusammenarbeit, und gemeinsam gelang es ihnen, den Abzug der syrischen Truppen durchzusetzen. Zwar lehnten die Schiiten es ab, sich von Syrien zu distanzieren. Dennoch hatten viele Libanesen das Gefühl, dass erstmals seit der Staatsgründung nationale Interessen wichtiger waren als die üblichen konfessionellen Machtkämpfe. Unmittelbar vor den an diesem Sonntag beginnenden Parlamentswahlen scheint der Reformeifer der libanesischen Politiker allerdings verflogen.

Mit wenigen Ausnahmen treten altbekannte Politiker an, darunter zahlreiche Bürgerkriegsveteranen. Bereits am Samstag sicherte sich der oppositionelle Drusenführer Walid Dschumblatt mangels Gegenkandidaten einen Sitz in der Volksvertretung. Das konfessionelle Proporzsystem, das jeder der 17 Religionsgemeinschaften Libanons einen festen Anteil an den 128 Sitzen im Parlament garantiert, führt zu dem gewohnten Geschachere zwischen Clans und Großfamilien um die sicheren Posten. Auch die Praxis, dass reiche Politiker sich Listenplätze erkaufen, scheint ungebrochen.

Unter diesen Vorzeichen haben unabhängige Kandidaten überhaupt keine Chance. Wahlprogramme spielen keine Rolle, die meisten Parteien haben gar keines präsentiert. So stehen schon vor den Wahlen, die sich über vier Sonntage erstrecken, schon zahlreiche Wahlsieger fest. Die Witwe des ermordeten Ex-Präsidenten Bashir Gemayel, Solange Tutunji, beispielsweise wird in das neue Parlament einziehen, weil sich christliche Gegenkandidaten für den Christen vorbehaltenen Sitz in ihrem Wahlkreis zurückgezogen haben. Außerdem ist die so genannte Opposition aus Christen und Sunniten bereits wieder zerfallen.

Neu auf der politischen Bühne ist immerhin der Sohn des ermordeten ehemaligen Premierministers Hariri, Saad Hariri, dessen mächtige sunnitische Wahlliste zusammen mit Drusenführer Dschumblatt wahrscheinlich den stärksten Block im neuen Parlament bilden wird. Das erklärte Ziel von Saads Partei ist es, auf die Absetzung von Präsident Emile Lahoud hinzuwirken.

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