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Kidnapping: Das blutige Geschäft

Die maghrebinische Al Qaida hat einen entführten Franzosen umgebracht – sie lebt vom Kidnapping.

Tödliches Ende eines Geiseldramas in der Sahara-Wüste: Der nordafrikanische Ableger des Terrornetzes Al Qaida, „Al Qaida im islamischen Maghreb“ (AQMI) hat einen Franzosen umgebracht, der vor vier Monaten verschleppt wurde. Er soll enthauptet worden sein. Vorausgegangen war eine missglückte Befreiungsoperation einer französischen Spezialeinheit im Norden Malis. Bei dem Angriff auf das AQMI-Lager waren sieben Terroristen getötet, der Entführte aber nicht gefunden worden.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bestätigte nach einem Krisentreffen seiner Regierung den Tod der französischen Geisel. Dieser „barbarische Akt“ werde „nicht ungestraft bleiben“. Frankreich habe „die Pflicht“ gehabt, seinen Staatsbürger zu retten, rechtfertigte Sarkozy die Militäraktion, an der auch Truppen von Malis Nachbarn Mauretanien beteiligt waren. „Als Antwort auf den schändlichen französischen Akt haben wir die Geisel getötet“, verkündet AQMI auf einem Tonband, das dem arabischen Nachrichtensender Al Dschasira zuging. Dies sei die „Vergeltung für unsere Brüder, die in dieser heimtückischen Operation getötet wurden“. Die Stimme auf dem Tonband wird dem algerischen AQMI-Chef Abu Musab Abdul-Wadud zugeordnet, bekannt auch unter seinem Kampfnamen Abdelmalek Droudkel.

Der 78-jährige französische Ingenieur und Afrikakenner Michel Germaneau, in humanitärem Auftrag unterwegs, war im April im Grenzgebiet zwischen Mali und Niger gekidnappt worden. Für ihn hatten die islamistischen Extremisten die Freilassung von mehreren Terroristen aus nordafrikanischen und französischen Gefängnissen gefordert. Ein Ultimatum der AQMI lief gerade aus, Paris hatte jedoch seit Wochen kein Lebenszeichen mehr bekommen und sich deshalb für eine militärische Operation entschieden.

Germaneau ist die zweite westliche Geisel, die Al Qaida in der Sahara getötet hat. Die erste war vor 14 Monaten der Brite Edwin Dyer (60). Großbritannien hatte sich geweigert, auf die Forderungen der Terroristen einzugehen. Dyer fiel vermutlich derselben Islamistengruppe zum Opfer wie Germaneau.

Es handelt sich dabei um eine von mehreren AQMI-Zellen im Sahara-Niemandsland zwischen Mali, Niger und Algerien. Diese Gruppe, der mehrere hundert Kämpfer angehören, war vermutlich auch verantwortlich für die Verschleppung von zwei Schweizern und einer deutschen Wüstenurlauberin 2009. Sie wurden Monate später – wahrscheinlich gegen Lösegeld – freigelassen. Die unwegsame, riesige Sahara gilt als Rückzugsgebiet für die bewaffneten Islamisten, deren Kampfstärke mehrere tausend Männer betragen könnte.

Entführungen in der Sahara sind für die AQMI ein einträgliches Geschäft. In den letzten Jahren wurden Dutzende Europäer gekidnappt. Gegen diskrete millionenschwere Dollarzahlungen. Auch mehrere Gesinnungsgenossen wurden bereits aus nordafrikanischen Gefängnissen freigepresst. Im Februar 2010 kam etwa der 61-jährige Franzose Pierre Camatte frei, nachdem Mali vier Islamisten aus dem Gefängnis entließ, im März eine spanische Entwicklungshelferin, im April zwei italienische Wüstentouristen – vermutlich stets gegen geheime Zugeständnisse des Westens. Derzeit befinden sich noch zwei vor acht Monaten verschleppte Spanier in der Gewalt der Kidnapper.

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