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Völlig zerstört wurde diese Eisenbahnbrücke nördlich der Stadt Donezk bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Separatisten.

© rtr

Ukraine: Kiew fordert Kapitulation der Rebellen

Die ukrainische Regierung will den Separatisten im Osten des Landes kein zweites Mal eine Waffenruhe anbieten.

Die ukrainische Regierung will den Separatisten im Osten des Landes nicht mehr entgegenkommen. „Den Fehler einer einseitigen Waffenruhe werden wir nicht wiederholen“, sagte Verteidigungsminister Valerie Geletey bei einem Truppenbesuch in der Ostukraine. Die Friedensverhandlungen würden erst wieder aufgenommen, wenn die Separatisten sämtliche Waffen abgegeben hätten.
Der Bürgermeister der Großstadt Donezk, Alexander Lukjantschenko, gab derweil bekannt, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko habe ihm in einem persönlichen Gespräch versichert, dass weder die Stadt noch die Region Donezk bombardiert würden. „Gestern war ich in Kiew, und Präsident Poroschenko hat sein Versprechen abgegeben, dass in Donezk nicht die gleichen Methoden wie in Slowjansk angewendet werden“, zitiert die Tageszeitung „Segodna“ den Bürgermeister. In der Stadt Slowjansk bot sich nach der Rückeroberung durch die ukrainischen Regierungstruppen ein Bild der Verwüstung. Das Ausmaß der Zerstörung in den von den Separatisten befreiten Zonen wurde am Dienstag immer deutlicher. Vor der Wiederherstellung der Eisenbahnlinien müssten 30 Kilometer Bahnstrecke von Minen befreit werden, teilte Präsidentenberater Anton Geraschtschenko mit.

Während in Slowjansk und Kramatorsk die Aufräumarbeiten begannen, droht sich in der Region Lugansk das Szenario von Besetzungen und Plünderungen durch die Separatisten fortzusetzen. In der Stadt Lugansk sind das Verwaltungsgebäude des Geheimdienstes und das Studentenwohnheim der Nationaluniversität von Rebellen in Beschlag genommen worden. Die Auszahlung von Löhnen und Sozialleistungen ist in den Städten Lugansk und Donezk aus Furcht vor Überfällen auf die Geldtransporter komplett eingestellt worden. Die regionale Niederlassung der größten ukrainischen Bank „Privat“ wurde in Lugansk besetzt. Die Großbank gehört dem Oligarchen und Gouverneur von Dnipropetrowsk, Igor Kolomoiskjy.

Selbsternannter Ministerpräsident kündigt Gegenangriff an

Der selbsternannte Ministerpräsident der „Volksrepublik Donezk“, Alexander Borodai, kündigte in einem Interview einen Gegenangriff auf die ukrainische Miliz an. Borodai gab an, dass die ukrainische Armee nicht in der Lage sein werde, die Städte Lugansk und Donezk dauerhaft zu blockieren oder gar „auszuhungern“.

In der Nacht zum Dienstag waren in der Stadt Donezk in zahlreichen Bezirken Schüsse zu hören, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. Nach Augenzeugenberichten waren vor allem die Innenstadt und das Gebiet um den Flughafen betroffen. Am Dienstag kam es in Donezk zu Unterbrechungen der Wasser- und Stromversorgung, Männer in Tarnuniform patrouillierten auf den Straßen der Innenstadt.
In Brüssel forderte der Vertraute von Präsident Poroschenko, Vize-Ministerpräsident Wladimir Groismann, einen Marshall-Plan für sein Land. Bis 2016 sollten die Europäer und Amerikaner den Wiederaufbau der Ukraine unterstützen, verlangte Groismann. Dazu soll im Herbst eine internationale Geberkonferenz stattfinden. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle erklärte, dass die Ukraine nur dann mit EU-Hilfen rechnen könne, wenn sie Reformen vorantreibe. Korruption und bürokratische Hürden müssten abgebaut werden, verlangte der EU-Kommissar.

In Russland werden selbst linientreue Medien leiser

In Russland hören sich unterdessen die Erklärungen der Politiker zur Ukraine-Krise nicht mehr ganz so auftrumpfend an wie noch vor einigen Wochen. Auch die Töne in linientreuen Medien sind inzwischen leiser geworden. Eine deutliche Bevölkerungsmehrheit spricht sich mittlerweile gegen eine militärische Intervention aus. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die das staatsnahe Meinungsforschungsinstitut WZIOM Ende Juni veröffentlichte. Zwar wuchs laut der Umfrage die Zahl derjenigen, die einen bewaffneten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine für wahrscheinlich halten. Doch nur 27 Prozent der Befragten befürworteten ihn ohne Wenn und Aber. Unter den Befürwortern einer kriegerischen Auseinandersetzung befinden sich überdurchschnittlich viele Moskauer, Petersburger, Mitglieder und Sympathisanten der Kommunistischen Partei sowie Menschen mit geringer Bildung, sagte der WZIOM-Soziologe Michail Mamonow bei der Vorstellung der Studie.

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