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Politik: Kilometerpauschale: Regierung gegen höhere steuerliche Entlastung für Berufspendler

"Da lag kein Vorschlag auf dem Tisch", sagt Franz Müntefering, "insofern musste auch keiner runter." Der SPD-Generalsekretär steht in Hannover vor der Presse, nach der Klausurtagung des Partei-Präsidiums.

"Da lag kein Vorschlag auf dem Tisch", sagt Franz Müntefering, "insofern musste auch keiner runter." Der SPD-Generalsekretär steht in Hannover vor der Presse, nach der Klausurtagung des Partei-Präsidiums. Formal hat er Recht, denn niemand hat im Präsidium den Antrag gestellt oder eine Abstimmung darüber gewünscht, dass die Bundesregierung zur Entlastung der Pendler die Kilometerpauschale erhöhen soll. Es ist nur so, dass Kurt Beck und Sigmar Gabriel, die beiden sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, unmittelbar vor der Präsidiumssitzung die Öffentlichkeit zum Adressaten ihres Vorstoßes gemacht haben. Und es liegt ihnen viel daran, ihre Anteilnahme an den Nöten der Autofahrer unüberhörbar vorzutragen; Beschlüsse sind da nicht so wichtig. Das SPD-Präsidium hat sich nach den Maßgaben von Kanzler, Finanzminister und Generalsekretär strikt geäußert. Und die Maßgabe lautet: Kein Veränderungsbedarf, weder bei der Öko-Steuer, noch bei der Kilometerpauschale.

"Die Botschaft kann nicht lauten: weitere Geschenke", sagt Müntefering. Dabei weiß er so gut wie der Kanzler, dass die Regierung bei diesem Thema unter schwerem Beschuss liegt. Die Urlaubsreisen stehen bevor; in der "Bild"-Zeitung läuft eine Benzinpreis-Kampagne; die Umfragewerte der SPD sinken wieder, auch wegen des Benzins. Und die Opposition im Parlament fährt gegen die Öko-Steuer schwerstes Geschütz auf. "Total gescheitert", behauptet die CDU-Chefin Angela Merkel: Die Öko-Steuer sei "Politik gegen den gesunden Menschenverstand und Ignoranz gegenüber der Stimmung im Lande". FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle bescheinigt der Öko-Steuer, sie diene "nur dem Abkassieren und Abzocken". Am Mittwoch eine aktuelle Stunde im Bundestag, am Freitag eine Initiative von unions-regierten Ländern im Bundesrat, so gehts weiter: Union und FDP verlangen die Abschaffung oder zumindest die Aussetzung der nächsten Stufe der Öko-Steuer.

Der Sprit-Preis ist ein Kleine-Leute-Thema, auf das die Volkspartei SPD sorgsam reagieren muss. Doch gegen den Vorstoß von Beck und Gabriel spricht viel, jetzt zuviel. Zunächst der finanzielle Zwang. Die Anhebung der Kilometerpauschale für Pendler um 15 oder 20 Pfennig würde Hans Eichel Kasse belasten, der mit seinem konsequenten Konsolidierungskurs für die Regierung viel Boden gut gemacht hat. "Es ist nicht zu erkennen", sagt Müntefering, "dass es einen Sinn macht zu sagen, das Benzin ist so teuer, also holen wir Geld aus der Steuerkasse."

Politisch spricht nicht nur aus der Sicht des grünen Koalitionärs dagegen, dass dieser Schritt die Öko-Steuer konterkariert. Er wäre zudem eine Einladung an die Öl-Konzerne, an der Preisschraube weiterzudrehen. Die sind aber, wie Gerhard Schröder und Müntefering meinen, die Verantwortlichen für die Benzinpreisentwicklung, nicht die Steuerpolitik. Vor Wochen hat der Kanzler das Kartellamt aufgefordert, den Unternehmen auf die Finger zu sehen. Auch Müntefering zielt in diese Richtung. Die Entwicklung sei bedauerlich, aber "die Benzinpreiserhöhungen sind zu 75 Prozent Erhöhungen, die von den Benzinlieferanten ausgegangen sind". Es sei doch auffällig, dass in Deutschland anders als in anderen Ländern alle Firmen die Preise anziehen. Die Belastung durch die Öko-Steuer sei über die Senkung des Rentenbeitrags dagegen an die Arbeitnehmer zurückgegeben worden. Die Grünen denken über den Tag hinaus. Im Jahr 2003, meldet sich Fraktionschefin Kerstin Müller, könne man über eine Umschichtung der Öko-Steuer-Erträge von der Rentenkasse zu Gunsten ökologischer Zwecke nachdenken.

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