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Kinderpornografie: Netzsperren: Gesetz auf Abruf

An diesem Dienstag tritt das neue Gesetz für Internetsperren in Kraft. Tags zuvor konnten sich Aktivisten gegen Zensur in ihren Bedenken bestätigt fühlen, dass die Novelle zum Kampf gegen Kinderpornografie zwar gut gemeint war, aber weitgehend misslungen ist.

Von Matthias Meisner

Berlin - An diesem Dienstag tritt das neue Gesetz für Internetsperren in Kraft. Tags zuvor konnten sich Aktivisten gegen Zensur in ihren Bedenken bestätigt fühlen, dass die Novelle zum Kampf gegen Kinderpornografie zwar gut gemeint war, aber weitgehend misslungen ist. Der Petitionsausschuss des Bundestages hatte die Initiatoren einer Eingabe gegen das sogenannte Zugangserschwerungsgesetz am Montag zu einer öffentlichen Sitzung nach Berlin eingeladen. Sie hatten 134 000 Unterschriften gegen das aus ihrer Sicht sinnlose Gesetz gesammelt.

Stellvertretend für die Petenten sagte Franziska Heine, es gebe jetzt einen breiten politischen Konsens, dass Netzsperren keine sinnvolle Maßnahme bei der Bekämpfung strafbarer Inhalte im Netz seien. Sie sprach von „gefährlicher Symbolpolitik“. Für das eigentliche Ziel, die Verbreitung von Kinderpornografie zu verhindern, sei das Gesetz „vollkommen ungeeignet“. Die vorgesehenen Sperren könnten sogar technisch versierte Kinder umgehen. Aus dem Ausland gebe es keine positiven Erfahrungen – mehrere skandinavische Länder hatten Internetsperren erprobt. Bundespräsident Horst Köhler hatte das umstrittene Gesetz, mit dem die Regierung selbst nicht richtig glücklich ist, vergangene Woche unterzeichnet.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums werden zunächst keine Sperrlisten erstellt. Die Regierung will, dass zunächst nur – wie bisher – kinderpornografische Seiten gelöscht werden. Justiz-Staatssekretär Max Stadler (FDP) sagte, das Löschen sei „Hauptteil“ des neuen Zugangserschwerungsgesetzes, die Sperrung einschlägiger Seiten nur „nachrangig“ vorgesehen. Er kündigte die „rasche“ Vorlage eines Löschgesetzes an, das die „bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten“ für das Löschen strafbarer Inhalte „ergänzen und verbessern“ soll. Aktivistin Heine dagegen verlangte die sofortige Aufhebung des Gesetzes für Internetsperren und plädierte gegen ein Löschgesetz: Bestehende Regeln müssten „einfach nur umgesetzt werden“.

Das Gesetz für Internetsperren war noch von der bis 2009 regierenden schwarz-roten Koalition initiiert worden. Kritiker witterten von Beginn an Populismus. Der SPD-Abgeordnete Stefan Schwartze gab zu, die Gesetzesinitiative sei ein „Fehler“ gewesen: „Wir mussten in der öffentlichen Diskussion viel dazulernen.“Matthias Meisner

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