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© dpa

Kinderpornoverdacht: Tauss hofft auf ein "ordentliches Verfahren"

Der Politiker Jörg Tauss muss wegen Kinderpornos vor Gericht. Die Anklage ist in allen Punkten zugelassen. Der Beschuldigte zeigt sich zuversichtlich.

Berlin/Karlsruhe - Jörg Tauss kann es einfach nicht lassen. Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete bleibt politisch aktiv, trotz der Vorwürfe, er habe Kinderpornos besessen. Am Dienstag vergangener Woche steht er in Pullover und Jeans vor dem Bundesverfassungsgericht, gemeinsam mit seinen fahnenschwenkenden neuen Parteigenossen von der Piratenpartei und einer gewaltigen Pappkrake. Er wartet auf das Urteil zur Vorratsdatenspeicherung, die er lange bekämpft hat. Er hält sich für unschuldig, und jeder soll es sehen. Bis womöglich sein eigenes Urteil kommt.

Das könnte bald sein. Das Landgericht Karlsruhe teilte am Freitag mit, es habe das Hauptverfahren gegen Tauss eröffnet und die Anklage gegen ihn „in allen Punkten“ zugelassen. Auf den Tag genau ein Jahr nach der folgenreichen Hausdurchsuchung. Die Verhandlung soll nun am 18. Mai stattfinden. „Ich hoffe, dass nach allen Vorverurteilungen, die von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe befördert wurden, nunmehr die Sache in ein ordentliches Verfahren mündet“, ließ Tauss über seinen Berliner Anwalt Jan Mönikes mitteilen.

Die Staatsanwaltschaft hatte vergangenen Herbst Anklage gegen Tauss erhoben. Er steht im Verdacht, zwischen Mai 2007 und Januar 2009 in 102 Fällen insgesamt mehr als 200 kinderpornografische und jugendpornografische Dateien „erlangt, weitergegeben und besessen zu haben“. Man fand in seiner Berliner Wohnung Bilder und Videos auf seinem Handy sowie drei DVDs. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Der Politiker bestreitet den Fund nicht, wohl aber die Vorwürfe. Er hatte wiederholt deutlich gemacht, er habe das Material nur für seine Recherchen als Abgeordneter benötigt. Ihm sei es darum gegangen, einen Kinderpornoring zu sprengen. Personen, die „in Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten“ mit dem Material umgehen müssen, nimmt das Strafgesetzbuch aus. Ob Tauss als Mandatsträger so ein Fall war, muss jetzt das Landgericht klären. An sich bezieht sich die Ausnahme auf Psychiater, Ärzte oder Anwälte, die mit Opfern oder Tätern befasst sind.

Im Verfahren wird auch die Berichterstattung in den Medien und die Pressepolitik der Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine Rolle spielen. Wegen der Prominenz des Angeklagten erachtet die Justiz das Landgericht für zuständig, sie sieht einen Fall von „besonderer Bedeutung“. Zugleich haben die Staatsanwälte einräumen müssen, dass die Funde bei Tauss „szeneuntypisch“ gering gewesen seien.

Bei jedem Verfahrensschritt lieferten sich Tauss und sein Berliner Anwalt einen öffentlichen Schlagabtausch mit den badischen Behörden. Mönikes wirft den Beamten eine soziale Exekution seines Mandanten vor, weil immer wieder detaillierte Informationen zu dem Verfahren ihren Weg in die Presse gefunden hätten. Als Tauss sich öffentlich verteidigte, konterten die Staatsanwälte mit dem Hinweis, für seine Darstellung der Dinge gebe es keine Belege, eher für das Gegenteil. Die öffentliche Dekonstruktion des Angeklagten – zu der Tauss allerdings selbst mit seinen wortreichen Einlassungen beigetragen hat – könnte für das Gericht auch Anlass sein, über ein Absehen von Strafe nachzudenken. Das ist ausnahmsweise möglich, wenn die Folgen der Tat plus Strafe den Täter unverhältnismäßig hart treffen würden.

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