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Politik: Kippt die Erbschaftsteuer doch?

Finanzpolitiker der Koalition sinnieren über Ersatz – und einige Länder wollen selber bestimmen dürfen

Berlin - An diesem Montag muss Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) dem handwerklichen Mittelstand erklären, wo die Regierung bei der Erbschaftsteuer hinsteuert. Bis Ende 2008 muss, so hat es das Verfassungsgericht verlangt, die Steuer reformiert werden. Zwar hat die Koalition gerade erst beschlossen, die Erbschaftsteuer nicht abzuschaffen, wie der CDU-Finanzfachmann Michael Meister gefordert hatte. Unter Finanzpolitikern der Koalition scheint der Beschluss aber nicht nachhaltig zu wirken. Der CDU-Politiker Otto Bernhardt schlägt nämlich vor, auf die als bürokratisch aufwendig geltende Erbschaftsteuer zu verzichten und stattdessen Vermögen stärker zu belasten. Bernhardt schlägt laut „Spiegel“ vor, durch höhere Grundsteuern, eine höhere Abschlagsteuer auf Kapitalvermögen und eine höhere Gewerbesteuer den Ausfall der Erbschaftsteuer auszugleichen. Der SPD-Finanzpolitiker Rainer Wend bekundet vorsichtiges Interesse an dem Plan.

Es geht um ein hübsches Sümmchen, wenn auch nicht um einen der wirklich großen Steuerposten in den Etats. 2006 nahm der Staat aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer 3,8 Milliarden Euro ein, für dieses Jahr sind gut vier Milliarden eingeplant. Die Tendenz weist seit Jahren nach oben – Ergebnis von 40 Jahren Wohlstandsgesellschaft im Westen. Die Sache hat freilich einen Haken. Die Erbschaftsteuer ist eine Ländersteuer, an der der Bund keinen Anteil hat. Ohne den Bundesrat geht daher nichts. Und Bernhardts Plan sieht zum Ausgleich der Erbschaftsteuer keine Ländersteuer vor, sondern eine des Bundes (Abschlagsteuer) und zwei der Gemeinden (Gewerbe- und Grundsteuer). Das dürfte zu Reibungen bei der Neuverteilung führen.

Zumal die Länder neuerdings bei ihren eigenen Steuern zu mehr Eigenständigkeit neigen. Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) hat am Wochenende seinen Wunsch bekräftigt, den Ländern bei der Föderalismusreform II die Gesetzgebung über die Ländersteuern zu übertragen – sie also unabhängig vom Bund zu machen, der bislang entscheidend mitbestimmt. In der Tat spricht einiges für eine Regionalisierung bei der Erbschaftsteuer: In manchen Regionen, vor allem im Süden, sind die Grundstückspreise deutlich höher als andernorts, eine bundeseinheitliche Bewertung führt also zu Ungerechtigkeiten. Daher will Stratthaus zumindest über die Höhe der Erbschaftsteuer die Länder entscheiden lassen. Auch die FDP denkt in diese Richtung: Der Vizevorsitzende der Föderalismuskommission, Ernst Burgbacher, sieht darin eine Möglichkeit, die Steuer letztlich ganz zu beseitigen.

In der Tat könnte es mit einer Regionalisierung der Erbschaftsteuer dazu kommen. Ein Grund ist das sehr unterschiedliche Aufkommen der Steuer, das eine Art Interessengefälle bewirkt – auf Bayern und NRW entfällt die Hälfte, im Osten fällt die Erbschaftsteuer dagegen kaum an. Zum anderen bewirkt der Länderfinanzausgleich, dass den reicheren Ländern von ihrer Erbschaftsteuer relativ wenig bleibt, während die Ost-Länder kaum davon profitieren würden, hätten sie höhere Einnahmen. Am Beispiel: Baden- Württemberg und Hessen verbleibt wegen des Finanzausgleichsmechanismus nur ein Drittel ihrer Erbschaftsteuereinnahmen, den Ost-Ländern verbliebe von jedem Euro, den sie aus dieser Steuer mehr einnehmen würden (gäbe es denn Erben), gerade einmal 13 bis 16 Cent. Und in Berlin sind es gar nur sechs Cent. Länder, bei denen wegen des Finanzausgleichs wenig hängen bleibt, könnten bei einer Regionalisierung in der Tat zur Abschaffung der Steuer tendieren, um Kosten zu sparen und möglicherweise auch für Wohlhabende als Wohnsitz attraktiv zu werden.

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