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Politik: Kleiner Umweg,kleine Chance

DIE USA UND DER IRAK

Von Bernd Ulrich

George Bushs UN-Rede gibt Hoffnung: Die USA gehen von ihrer Extremposition in der Irak-Frage zwar nicht ab, aber sie nehmen den Umweg über die UN. Das gibt auch der Bundesregierung die Möglichkeit, aus ihrem strikten Nein auszubrechen, und eigene Vorschläge zu machen, strategische und operative.

Denn eine Regierung ist nicht immer dazu da, das Richtige zu sagen, sondern klug zu handeln. Das haben Schröder und Fischer wenig beherzigt. Bei der Analyse kann man ihnen durchaus folgen: Starke Kräfte in der US-Regierung wollen den Irak besetzen, um eine Neuordnung des Mittleren Ostens zu erreichen – mit aufgepflanztem Bajonett. Die Europäer sehen zwar auch die Notwendigkeit, eine Region neu zu ordnen, in der sich auf fatale Weise Öl, Terror und Tyrannei verbinden. Allerdings wollen sie das nicht militärisch erreichen, sondern mit Verhandlungen, mit politischen Geschäften und mit einer für die Araber erträglichen Lösung des Nahost-Konflikts.

Diese strategische Differenz wird nun ausgetragen auf dem Schlachtfeld Irak. Man kann Schröder in der Einschätzung noch folgen, dass sich jeder, der Ja sagt zu einem UN-Ultimatum, auf einen schlüpfrigen Abhang begibt. Weil er mit einem Angebot an Saddam beginnen und, wenn erstmal Schüsse gefallen sind, bei einer Besatzung Iraks enden kann. Aber was ist die Konsequenz? Ein Nein ohne jedes Ja?

Kann es sinnvoll sein, dass Fischer und Schröder aus Angst vor dem schlüpfrigen Abhang auch nicht den kleinsten Schritt tun? Soll das Politik sein, Regierungskunst, Diplomatie? Es waren, wenn wir uns recht erinnern, doch die beiden, die beim Afghanistan-Krieg argumentiert haben, nur wer mitmache, könne auch mitbestimmen. Wie will man heute Unvernünftiges verhindern, wenn man nicht bereit ist, Vernünftiges zu tun?

Schröders Begründungen wirken schräg. Warum fordert der Kanzler von Saddam, die Waffeninspekteure reinzulassen, wenn er doch eh schon weiß, dass es keine neue Bedrohungssituation gibt? Wenn man aber Inspekteure braucht, um zu erfahren, wie weit der Diktator mit seinen Massenvernichtungswaffen ist, was tut man dann, wenn er sie nicht reinlässt? Und wenn er sie nicht reinlässt, muss man dann nicht annehmen, dass er etwas zu verbergen hat? Und muss man dann nicht anfangen, „heiß“ abzurüsten, also Fabriken und, wo möglich, Raketen im Irak zu zerstören? Das könnte man in der UN vereinbaren, es würde Saddam unter Druck setzen und die USA vernünftig begrenzen.

Schröders Hilfsargumente überzeugen nicht, selbst wenn der Kanzlerkandidat sie nachspricht. Dass die Bundeswehr keine Kapazitäten für einen Irak-Einsatz habe, ist nun wirklich nicht das Problem. Schon gar nicht, wenn in Kuwait Fuchspanzer stationiert sind. Die undiplomatische Haltung der Regierung vernachlässigt die deutschen Interessen auch deshalb, weil es nicht gelang, Europa leidlich zu einen, sagen wir: EU minus Blair. Und waren es nicht Schröder und Fischer, die stets betonten, Deutschland dürfe international nur innerhalb der EU agieren?

Innenpolitisch geht Schröders wahltaktisches Kalkül auf. Doch er zahlt auch hier einen Preis. Schon fangen der Kanzler und sein Vize an, sich bei ihren eigenen Wahlreden zu gruseln, wenn sich keine Hand mehr für die Freundschaft zu Amerika und zu Israel regen mag und beim Nein zu Bush großer Jubel losbricht. Die Reaktion des Außenministers auf die Bush-Rede zeigt, dass Fischer und Schröder zu einer Realpolitik zurückkehren, gerade weil sie eine militärische Neuordnung am Golf verhindern möchten. Schließlich ist ihnen Deutschland wichtiger als der Wahlkampf, nicht wahr?

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