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Klimaschützer: "Merkel muss jetzt Flagge zeigen"

Einen Monat vor dem Klimagipfel in Kopenhagen sind alle zwischenstaatlichen Vorverhandlungen abgeschlossen. Die EU hat getagt. Das letzte UN-Vorbereitungstreffen in Barcelona ging am Freitag zu Ende. Klimaschützer fordern die Kanzlerin zur Teilnahme am UN-Gipfel in Kopenhagen auf.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Mit der Unterzeichnung eines rechtlich verpflichtenden Abkommens wird in den Delegationen offenbar nicht mehr gerechnet. Vor diesem Hintergrund treffen sich am Wochenende in Berlin nun erstmals die großen zivilgesellschaftlichen Organisationen (CSOs), um über gemeinsame Strategien im Kampf um die Aufmerksamkeit von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu beraten. „Wir müssen eine wichtige Rolle spielen am Tisch der internationalen Politik“, sagte Peter Eigen, Vorsitzender des 2007 gegründeten Berlin Civil Society Center, das das Treffen organisierte.

Das erste Treffen der CSOs ist eine Elefantenrunde geworden. Von Amnesty International bis zum World wide Fund entsandten die meisten großen Organisationen ihre internationalen Spitzenvertretern nach Berlin. Neu ist auch, dass sich Umweltaktivisten und Hilfsorganisationen an einen Tisch setzten. Es gelte, verstärkt auch die sozialen und politischen Folgen des Klimawandels zu berücksichtigen und etwa Hilfe für Klimaflüchtlinge bereitzustellen. „Die Konferenz ist ein Ausdruck davon, dass wir gelernt haben, dass viele Probleme zusammenhängen“, sagte Gerd Leipold, Geschäftsführer von Greenpeace International.

Dass in Kopenhagen ein bindendes Abkommen über den Klimaschutz zu- stande kommt, hat selbst der UN-Klimaschutzbeauftragte Yvo de Boer in der vergangenen Woche bezweifelt. Von diesem realistischen Pessimismus sind auch die in Berlin versammelten NGO-Vertreter und Wissenschaftler nicht frei. Sowohl Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber als auch Walter Fust, Generaldirektor des Global Humanitarian Forum, äußerten sich in einer Podiumsdiskussion skeptisch über das Zustandekommen verbindlicher Klimaschutzziele. Gleichzeitig betonten die Tagungsteilnehmer die Dringlichkeit eines Abkommens. „Wir haben schon ein Jahrzehnt verschwendet“, sagte etwa Schellnhuber. Auch Muhammad Yunus, Nobelpreisträger aus Bangladesch, erinnerte in seiner Ansprache an die harten Realitäten des Klimawandels: „Ich komme aus einem Land, das aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels bereits im Verschwinden begriffen ist.“

Gerd Leipold von Greenpeace International formulierte auch einen Appell an die deutsche Regierung und Kanzlerin Angela Merkel. „Sie zeigt längst nicht mehr den Willen zur Führung, wie es noch 2007 der Fall war“, sagte Leipold. Der Koalitionsvertrag enthalte viel zu wenige Signale für die Umweltpolitik. Leipold betonte, dass nun die Staats- und Regierungschefs Flagge zeigen müssten – auch durch die persönliche Teilnahme am Gipfel in Kopenhagen.

Der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans teilte dazu am Freitag mit, dass sich die Kanzlerin den Termin freigehalten habe, aber noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen habe, ob sie nach Kopenhagen fahren werde. „Die selbst ernannte Klimakanzlerin legt keine konkreten Finanzierungszusagen für internationale Klimaschutzprojekte vor und hat im Gegensatz zu anderen Regierungschefs nicht erklärt, nach Kopenhagen fahren zu wollen“, bemängelte Karsten Smid, Klima- Experte von „Greenpeace“.

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