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Klimaschutz: Die Positionen der G-8-Staaten

Beim zentralen Tagungsthema Klimaschutz des G-8-Gipfels gibt es erhebliche Differenzen. Die acht Staaten sowie China und Indien haben sehr unterschiedliche Ansichten zum Umfang und zur Dringlichkeit des Klimaschutzes.

Hamburg - Die wichtigsten Klima-Positionen der G-8-Staaten und der für den Klimawandel bedeutendsten Schwellenländer China und Indien sind:

Deutschland: Die Bundesrepublik ist in internationalen Verhandlungen oft Vorreiter beim Klimaschutz, hat aber selbst noch immer einen sehr hohen Kohlendioxid-Ausstoß je Einwohner. Die deutsche G-8-Präsidentschaft strebt verbindliche Obergrenzen beim klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß an. Damit soll der Anstieg der vom Menschen verursachten Erderwärmung auf maximal durchschnittlich zwei Grad Celsius begrenzt werden. Dazu müsste der weltweite Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent reduziert werden gegenüber 1990. Die Federführung für den Kampf gegen den Klimawandel muss aus der Sicht Berlins bei den Vereinten Nationen liegen. Angestrebt wird, dass sich die Weltgemeinschaft bis Ende 2009 auf den Rahmen für ein Nachfolgeabkommen des "Kyoto-Vertrags" verständigt, der 2012 ausläuft. Berlin will auch vermeiden, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel aufgeweicht werden.

Frankreich: Noch am Tag seiner Wahl hatte der neue französische Präsident Nicolas Sarkozy angekündigt, dass er den Kampf gegen die Aufheizung des Klimas vorrangig auf seine Fahnen schreiben will. Sarkozy rief US-Präsident George W. Bush auf, nicht nur seinen Widerstand gegen internationale Maßnahmen zum Klimaschutz aufzugeben, sondern sogar die Führungsrolle bei der Rettung des Planeten zu übernehmen. Auch seine Regierung macht klar, wie wichtig Sarkozy Umwelt und Klima sind: Alain Juppé ist als Staatsminister Nummer zwei hinter Premierminister François Fillon und leitet das neue Ministerium für Ökologie und für nachhaltige Raumordnung und Entwicklung. Im Herbst sollen Weichenstellungen zum Klima- und Umweltschutz beraten werden.

Großbritannien: Der scheidende britische Premierminister Tony Blair hält den Klimawandel für die "größte Bedrohung für Europa und den gesamten Planeten". Großbritannien hat sich deshalb ehrgeizige Ziele gesetzt: Neue Umweltgesetze sehen vor, dass bis zum Jahr 2020 der Ausstoß an Treibhausgasen um bis zu 32 Prozent verringert werden soll - damit wäre Großbritannien Weltmeister. Bis zum Jahr 2050 sollen die Schadstoffe um sogar 60 Prozent reduziert werden. Um diese Ziele zu erreichen, setzt Blair unter anderem auf Atomkraft. Eine neue Generation von Atomkraftwerken soll gebaut werden. Daneben soll sich die Strommenge aus erneuerbaren Energien bis 2015 verdreifachen.

Italien: Der mitteleuropäische Staat hat sich vor allem in letzter Zeit verstärkt im Klimaschutz engagiert, obwohl im eigenen Land noch vieles im Argen liegt. Zuletzt hatte die Regierung von Ministerpräsident Romano Prodi mitgeteilt, dass der Klimawandel eines der wichtigsten Themen auf dem G-8-Gipfel sein müsse. Die Verantwortung für die derzeitige Entwicklung und den hohen CO2-Anteil tragen nach Auffassung des italienischen Umweltministers Alfonso Pecoraro Scanio ausschließlich Europa, Japan und Nordamerika. Seiner Ansicht nach sollten sich vor allem die Vereinten Nationen stärker engagieren, denn "während der Klimawandel sich so schnell wie ein Hase fortbewegt, schreiten die Verhandlungen so langsam wie eine Schildkröte voran". Zudem will sich Italien dafür einsetzen, die seit langem geforderte UN-Umweltorganisation Uneo unter der italienischen Ratspräsidentschaft im Jahr 2009 endlich aus der Taufe zu heben.

Japan: Der Gastgeber des nächsten Gipfels denkt bereits weit in die Zukunft. Bis 2050, so die "Vision" des liberaldemokratischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe, sollten Treibhausgase weltweit um 50 Prozent reduziert werden. Auch die USA und China müssten dabei mitmachen. Ähnlich wie Washington setzt Tokio in seiner Klimapolitik auf technologischen Fortschritt und die Kernenergie. Abe will seinen Plan in Heiligendamm zur Diskussion stellen. Japan lag nach den Zahlen des Jahres 2005 bei den CO2-Emissionen auf Platz fünf der G-8-Staaten. Trotz mancher Anstrengungen zur Einsparung von Energie und
regionaler Initiativen blieb das Land deutlich hinter den Zielen des Kyoto-Protokolls zurück.

Kanada: Für Kanada dürfte der G-8-Gipfel ein Canossa-Gang werden. Die konservative Regierung von Stephen Harper hat kürzlich Abstand von ihren Klimaschutzzielen genommen. Ursprünglich hatte sich das Land verpflichtet, seine Emissionen bis 2012 um sechs Prozent gegenüber 1990 abzubauen. Tatsächlich aber liegen die Werte derzeit gut 30 Prozent über den angestrebten Werten. Harpers Minderheitsregierung streckte das Programm deshalb kurzerhand und verordnete dem Land einen Abbau klimaschädlicher Emissionen um 20 Prozent bis zum Jahr 2020. Jetzt in Heiligendamm ehrgeizigere Ziele festzuschreiben, liegt nicht in Harpers Interesse.

Russland: Es gibt in Russland kein offizielles Programm zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Die im Kyoto-Protokoll
festgeschriebene Emissionsquote erlaubt diesen Luxus. Nationale Klimaschutz-Ziele sind nicht bekannt. Die Regierung will mehr Atom- und Kohlekraftwerke bauen, um mehr Gas für den Export bereitstellen zu können. Russische Oligarchen investieren derzeit Milliarden in erneuerbare Energien in Europa. In Russland lohnt sich das bislang wegen der niedrigen Energiepreise kaum.

USA: Präsident Bush erkennt zwar inzwischen die Bedeutung des Kampfes gegen Klimaerwärmung an. Die USA wollen aber statt verbindlicher internationaler Verträge über den Ausstoß von Treibhausgasen vor allem mit neuen Technologien, die mit Milliarden Dollar gefördert werden, der von Menschen verursachten Klimaerwärmung Herr werden. Bush hat sich zwar kurz vor dem G-8-Gipfel zu einer gemeinsamen weltweiten Strategie nach dem Auslaufen des (von den USA abgelehnten) Kyoto-Abkommens bekannt. Er strebt aber einen Vereinbarungs-"Rahmen" an, der jedem Land je nach Wirtschaftskraft, Energiebedarf und Rohstoffvorkommen eigene Wege erlaubt. Und ohne die Einbindung Chinas und Indiens wollen die USA ohnehin kaum etwas unterschreiben.

China: Das Land will seine künftige Klimastrategie am 4. Juni bekannt geben. Chinas Aktionsplan werde verbindlich feststellen, dass der Energieverbrauch langsamer wachsen soll als die derzeit boomende Wirtschaft, sagte ein Verantwortlicher für Chinas Klimastrategie. Die Emissionen von Hauptverschmutzungsstoffen sollen bis 2010 um zwei Prozent jährlich sinken. "Das ist ein ziemlich hoch gestecktes Ziel, aber wir haben die Kapazität, es zu schaffen", sagte der Beamte. Allerdings sollten die Industrienationen eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen. China sieht sich selbst als eines der Hauptopfer eines hauptsächlich von anderen verschuldeten Klimawandels und hält verbindliche Klimaschutzziele für Entwicklungs- und Schwellenländer deshalb für inakzeptabel.

Indien: Die Planungskommission der indischen Regierung geht davon aus, dass der Kohlendioxid-Ausstoß Indiens bei einem Szenario mit starker Kohlenutzung zur Energiegewinnung von derzeit einer Milliarde Tonne bis 2031/2032 auf 5,5 Milliarden Tonnen pro Jahr steigen könnte. Zum Vergleich führt die Kommission die USA an, wo der jährliche CO2-Ausstoß bereits jetzt bei mehr als 5,5 Milliarden Tonnen pro Jahr liege. Die mit Experten aus mehreren Ministerien besetzte Planungskommission macht deshalb die Industrieländer für den Klimawandel verantwortlich. Zugleich merkt das Gremium an, dass die negativen Auswirkungen des Treibhauseffekts besonders Entwicklungsländer wie Indien betreffen werden, "die am wenigsten verantwortlich für die Entstehung des Problems sind". Trotzdem werde der internationale Druck auf Indien wachsen, heißt es. Der Bericht über "Integrierte Energiepolitik" empfiehlt: "Indien sollte bereit sein, seine Treibhausgasemissionen einzugrenzen, solange es für die dadurch entstehenden Zusatzkosten entschädigt wird." (Mit dpa)

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