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Biosprit

© ddp

Klimaschutz: Gabriel will neuen Biosprit notfalls stoppen

Die Bundesregierung will den Anteil von Bioethanol im Benzin erhöhen. Sollten mehr als eine Million Fahrzeuge das Gemisch nicht vertragen, dann will Umweltminister Sigmar Gabriel die Pläne kippen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will die geplante Einführung des neuen Benzins mit zehnprozentigem Biosprit-Anteil notfalls stoppen. "Wir setzen die Verordnung nicht in Kraft, solange wir keine klaren Zahlen haben. Und wir werden sie nicht in Kraft setzen, wenn die Zahl eine Million Fahrzeuge übersteigt", sagte Gabriel den "Stuttgarter Nachrichten". Die Bundesregierung will den Anteil von Bioethanol im Benzin ab 2009 an sich von fünf auf zehn Prozent erhöhen. Manche Autos vertragen diesen Kraftstoff namens E10 aber nicht. Die Automobilindustrie soll die Zahl der betroffenen Fahrzeuge in diesen Tagen nennen. Laut ADAC sind es mehr als drei Millionen Autos.

Die deutsche Automobilindustrie widerspricht dieser Darstellung. Nach ihrer Einschätzung drohen höchstens 375.000 Fahrzeugen Probleme bei einer höheren Biosprit-Beimischung im Benzin. Die Zahl werde voraussichtlich sogar darunter liegen, sagte der Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. Der VDA könne allerdings nicht für die Importeure sprechen.

Den Besitzern bliebe bei der E10-Einführung nach Angaben des ADAC nur, auf den heute mehrere Cent teureren Kraftstoff Super Plus auszuweichen. Bei Super Plus bleibt der Ethanol-Anteil mit fünf Prozent auch ab 2009 unverändert. Gabriel sagte, vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen führen jene alten Fahrzeuge, die einen höheren Biospritanteil nicht vertrügen. "Die Umweltpolitik wird nicht die Verantwortung dafür übernehmen, wenn Millionen Autofahrer an die Super-Plus-Tankstelle müssen", versicherte der Minister. "Das werde ich nicht tun. Das ist eine klare Ansage."

Kritik an der Strategie des Umweltministeriums

Doch schon die grundsätzliche Strategie des Umweltministeriums, auf einen höheren Bio-Ethanol-Anteil im Benzin zu setzen, ist umstritten. Umweltverbände kritisieren das Vorgehen. „Bio-Sprit zerstört Urwälder und heizt den Klimawandel an“, erklärt Patic Salize, Pressesprecher von Greenpeace. „Wir würden ein Scheitern der Pläne des Umweltministeriums begrüßen.“ Doch das Umweltministerium verteidigt seine Pläne. „E10 ist sinnvoll“, sagte Pressesprecher Tobias Dünow tagesspiegel.de. Schließlich gehe es nur darum, dass der Bio-Sprit-Anteil im Benzin erhöht werden kann. Es wäre eine Obergrenze, die von fünf auf zehn Prozent angehoben würde. Es wäre also eine Kann-Bestimmung.

Es bleibt fraglich, woher das Material für den Kraftstoff kommen soll. Der heimische Rapsanbau kann die notwendigen Mengen nicht decken. WWF-Expertin für EU-Politik und Landwirtschaft Martina Fleckenstein argumentiert: „Bio-Ethanol muss voraussichtlich größtenteils importiert werden.“ Das macht aber nur Sinn, wenn der Anbau auch nachhaltig erfolgt. Dem Argument gegenüber ist das Umweltministerium aufgeschlossen und will ein Zertifizierungsverfahren einleiten. „Allerdings fehlen derzeit Nachhaltigkeitsstandards“, so Fleckenstein.

Doch scheint auch unklar, wie viel und ob Bio-Kraftstoffe, die ihren Ursprung in Brasilien oder Asien haben überhaupt positiv zur Klimabilanz beitragen. Da auch die kritischen Stimmen aus der Wissenschaft nicht verstummen, hat das Umweltministerium reagiert. „Die Biokraftsoff-Strategie kommt auf den Prüfstand“, sagte der Pressesprecher des Umweltministeriums Tobias Dünow tagesspiegel.de. (Amir El-Ghussein mit dpa/AFP)

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