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Koalition: Unter Winkeladvokaten

Streit ums Sparpaket und um Opel-Hilfen: Die FDP verlangt von Merkel, für "Ordnung in ihrem Laden zu sorgen".

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Dass es in Koalitionen immer wieder Tage gibt, an denen die Fetzen fliegen, ist nichts Ungewöhnliches. Zumal, wenn es um so heikle Dinge geht, wie ein Milliardensparpaket oder die Unterstützung von tausenden Opel-Arbeitern. Auf diese Tage folgen in aller Regel solche, in denen von den Streitparteien die Scherben eingesammelt und mehr gegenseitige Achtung in Zukunft versprochen wird.

In der Koalition von CDU, CSU und FDP scheint es solche Tage der Beruhigung nicht mehr zu geben. Schlimmer noch: Wer die Frage stellt, auf welchem Weg die Bündnispartner nach den gegenseitigen Verletzungen der vergangenen Wochen überhaupt wieder zu einer gemeinsamen Regierungsarbeit finden wollen, trifft an diesem Donnerstag in allen drei Parteien auf Achselzucken.

Obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das umstrittene Sparpaket von Schwarz-Gelb am Mittwochabend gegen innerparteiliche Kritik an der sozialen Unausgewogenheit mit Sätzen verteidigte, die als „Machtwort“ verstanden wurden, ging die Auseinandersetzung auch am Donnerstag weiter. Zudem heizte der Generalsekretär der FDP, Christian Lindner, mit schneidiger Kritik an der Bundeskanzlerin die Missstimmung innerhalb des Regierungsbündnisses weiter an.

Es sei „nicht verständlich“, dass von Seiten der Politik nach der klaren Entscheidung von FDP-Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gegen eine Bürgschaft für den Autobauer Opel noch Einfluss genommen und eine „Lex Opel“ gesucht werde, sagte Lindner. Die FDP lehne „alle winkeladvokatorischen Versuche“ ab, an den „klaren Regeln, die für alle Unternehmen in gleicher Weise gelten“ vorbei, Möglichkeiten für Opel zu schaffen. Am Mittwoch hatte Brüderle einem Antrag des Opel-Mutterkonzerns General Motors auf eine Staatsbürgschaft über 1,1 Milliarden Euro aus dem Deutschlandfonds eine Absage erteilt. Merkel hatte daraufhin erklärt, das letzte Wort über Opel sei „natürlich noch nicht gesprochen“ und für diesen Donnerstag ein Treffen mit den Regierungschefs der betroffenen Länder anberaumt. Brüderle und weite Teile der FDP hatten das als Affront betrachtet. Die Befürchtung der FDP: Merkel werde den Länderfürsten für Opel auf anderen Wegen Bundesmittel versprechen und damit Brüderle öffentlich demütigen. Ein Vorgang, von dem es am Donnerstag in der FDP hieß, er sei von der Qualität einer Kampfansage, die sich zum Ende der Koalition ausweiten kann. Die Frage eines Journalisten, ob er, der FDP-Generalsekretär, der Kanzlerin das Verhalten eines Winkeladvokaten unterstelle, verneinte Lindner zwar und sagte, er habe „abstrakt formuliert“, fiel jedoch sogleich in das Lachen der anwesenden Journalisten ein.

Auch im Streit um das Sparpaket und den vielfachen Forderungen aus der Union, einen Weg zu finden, die tiefen Einschnitte im Bereich der sozial Schwachen durch Mehrbelastungen der Vermögenderen und Gutverdiener gesellschaftlich akzeptabel zu machen, zeigte sich der FDP-General nicht einlenkend und pochte auf ein Machtwort der Kanzlerin. Angela Merkel müsse „in ihrem Laden für Ordnung sorgen“, sagte er und verwies auf das Drängen zahlreicher Unionspolitiker nach einer Anhebung des Spitzensteuersatzes. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) bekräftigte am Donnerstag seine Einschätzung, dass das Paket die Schwachen der Gesellschaft zu stark belaste. „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, sagte er im Deutschlandfunk. Müller sprach sich für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes aus.

Die Kanzlerin erteilte ihren Koalitionspartnern CSU und FDP am Donnerstag wegen der gegenseitigen Angriffe der vergangenen Tage einen Rüffel. Sie sei „nicht bereit zu akzeptieren“, wie FDP und CSU gegenwärtig übereinander redeten, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Wer „in dieser Form übereinander redet, muss sich nicht wundern, dass der Respekt vor der Politik insgesamt weiter abnimmt“. Im Streit über eine Gesundheitspauschale waren zwischen FDP und CSU Schimpfwörter wie „Wildsau“ und „Gurkentruppe“ gefallen.

Auf die Frage, ob die Regierungspartner überhaupt noch nach Wegen der Verständigung suchen, gab es am Donnerstag zwei Hinweise. „Wir sind in einer Phase, wo wir einen gordischen Knoten haben“, sagte FDP-General Lindner, den es nun „zu entwirren“ gelte. Und den Opel-Ländern wurde bereits vor den Verhandlungen mit der Kanzlerin bedeutet, dass man ihnen kaum Hoffnung auf Zusagen machen könne – dem Koalitionsbestand zuliebe.

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