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Koalitionskrach: SPD und CDU Geschiedene Leute

Schwarze und Rote wollen nicht mehr regieren – doch die SPD sperrt sich gegen schnelle Neuwahlen.

Neuwahl ja oder nein, gewinnt Stegner oder Carstensen? Fünf Jahre nach dem unrühmlichen Ende der Regierung Simonis – die Ministerpräsidentin wurde von einem Abweichler aus den eigenen Reihen gestürzt – spielt wieder ein politisch-menschliches Drama im Kieler Landeshaus. Im Mittelpunkt stehen diesmal zwei Männer, die sich wenig grün sind. Die CDU um Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und alle drei Oppositionsfraktionen beantragten die vorzeitige Auflösung des Kieler Landtages – SPD- Fraktionschef Ralf Stegner beharrte dagegen darauf, dass die SPD-Abgeordneten am kommenden Montag solch einem Antrag nicht zustimmen werden. Damit würde dem Votum die nötige Zweidrittelmehrheit fehlen, so dass Carstensen eine Auflösung der Regierungskoalition mit der SPD nur über die Vertrauensfrage oder über eine Entlassung der vier SPD-Minister erreichen könnte.

Letzteres gilt als relativ unwahrscheinlich, da der Regierungschef stets die vertrauensvolle Arbeit mit den sozialdemokratischen Kabinettsmitgliedern hervorgehoben hat. Zur Übermittlung von politischen Botschaften in die SPD hinein hatte Carstensen sich zuletzt auch einige Male des Arbeits- und Justizministers Uwe Döring bedient, um seinen Intimfeind Ralf Stegner zu umgehen.

Der Ministerpräsident selbst griff nicht in die Aussprache ein. Mit stoischem Blick lauschte er der Kritik von Stegner und dem Fraktionschef der Grünen, Karl-Martin Hentschel. Dieser bezichtigte den CDU-Landeschef, seit geraumer Zeit aus taktischen Gründen den gezielten Plan für vorgezogene Neuwahlen am 27. September zusammen mit dem Urnengang zum Bundestag verfolgt zu haben, um die eigenen Wahlchancen zu erhöhen. Für die CDU ergriff Fraktionsvorsitzender Johann Wadephul das Wort. Er begründete den Bruch mit dem Regierungspartner SPD mit dessen Unzuverlässigkeit. Er appellierte an die SPD-Fraktion, am Montag einer Landtagsauflösung zuzustimmen und sich nicht von ihrem Fraktionschef Stegner in Geiselhaft nehmen zu lassen. Der Landtag solle einen „klaren Schnitt“ ziehen und „die Kraft und die Größe haben, dies selbst zu tun“. Der CDU-Fraktionschef sagte, Carstensen sei „in jeder Phase dieser Koalition die Integrationsfigur gewesen“. Stegner hingegen habe seit seiner Wahl zum SPD-Landesparteichef vor gut zwei Jahren jede Gelegenheit genutzt, einen Konfrontationskurs zu fahren und sich zu gemeinsam getroffenen Beschlüssen abweichend zu äußern. „Geben Sie den Weg frei für Neuwahlen“, forderte er Stegner auf.

Auch FDP-Oppositionsführer Wolfgang Kubicki kritisierte Stegner massiv „als selbstgefälligen Naseweis“ und empfahl sich als künftiger CDU-Koalitionspartner. Stegner selbst arbeitete sich in erster Linie an der CDU und Carstensen ab, sprach davon, dass Carstensen gescheitert sei und deshalb besser zurücktreten möge. Die Auflösungsdebatte sei in Wirklichkeit ein Ablenkungsmanöver vor unliebsamen Themen wie dem Umgang mit der landeseigenen HSH Nordbank oder den Störfällen im Kernkraftwerk Krümmel. Er hielt der CDU vor, „sich vom Acker zu machen“ – ein wörtlicher Vorwurf, den die CDU stets gegen Stegner gebraucht hatte.

Die SPD ist in der Neuwahlen-Frage zweifellos in einer Defensivrolle. Die Sozialdemokraten wollen öffentlich jedenfalls nicht ein eigenes Scheitern eingestehen. Immerhin gestand Stegner am Freitag ein, dass es über kurz oder lang zu Neuwahlen kommen werde. Die Parteiplaner haben sogar schon vorsorglich einen Wahlparteitag am 31. Juli und 1. August ins Auge gefasst. Unterdessen sind etliche Parlamentarier dabei, ihre Urlaubspläne für nächste Woche umzugestalten. Statt Parlamentsferien wird es nunmehr eine, aller Wahrscheinlichkeit sogar zwei Sondersitzungen des Landtages geben, wenn nämlich Carstensen zur Vertrauensfrage greifen sollte. mit AFP

Dieter Hanisch[Kiel]

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