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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel am Rande der Verhandlungen.

© dpa

Koalitionsverhandlungen: Die großen Streitthemen wurden vertagt

Es war die fünfte große Verhandlungsrunde zwischen Union und SPD. Sie hat ein paar Ergebnisse gebracht, nicht aber bei den großen Streitthemen. Dafür hat die Kanzlerin eine Bitte an die SPD.

Auf ein paar Punkte haben sich Union und SPD in der großen Verhandlungsrunde am Mittwoch geeinigt. Die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses zur Mordserie des rechten Terrornetzwerks "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sollen umgesetzt werden, eine Meldepflicht für Cyberangriffe auf Unternehmen soll es geben. Gemeinsames Anliegen ist nach Angaben von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe der stärkere Kampf gegen die Zwangsprostitution in Deutschland. Dem "skandalösen Menschenhandel" solle effektiver begegnet werden, sagte Gröhe.

Union und SPD wollen durch Gesetzesänderungen den Betrieb von Bordellen künftig stärker kontrollieren. Beim sexuellen Missbrauch sollen zudem die Verjährungsfristen verlängert werden, wie SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hinzufügte.

Auch einigten sich Union und SPD auf eine gemeinsame Europa-Politik. Demnach soll es keine Vergemeinschaftung von Staatsschulden geben. "Es wird keine Verfolgung von Plänen für Eurobonds oder Altschuldentilgungsfonds geben", sagte Gröhe. Die SPD hatte sich im Wahlkampf noch dafür eingesetzt. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach von einem "gemeinsamen Kompass" in der Europapolitik. Sie hob hervor, dass Union und SPD einen Schwerpunkt auf die „europäische Sozialunion“ legen wollten. Wichtig seien dabei der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping, gleicher Lohn für gleiche Arbeit überall in Europa und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Koalitionsverhandlungen: Die großen Themen bleiben strittig

Aber die großen Streitthemen bleiben weiter offen. Dazu zählen die von der SPD geforderte doppelte Staatsbürgerschaft und das Thema Vorratsdatenspeicherung.

Beim Thema Doppelpass geht es vor allem um die Frage, was mit dem Optionszwang geschehen soll. Dieser besagt, dass sich in Deutschland geborene Kinder von Einwanderern zwischen ihrem 18. und 23. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden sollen. Bis dahin können sie die deutsche und die Staatsbürgerschaft der Eltern behalten. Die CSU bot als Kompromiss eine Ausweitung der Frist bis zum 30. Lebensjahr sowie eine Rückkehroption zur deutschen Staatsbürgerschaft an. Die SPD will den Optionszwang ganz abschaffen.

Beim Thema Vorratsdatenspeicherung geht es weniger um die Frage, ob sie überhaupt kommt, sondern mehr, in welcher Form. Die SPD will die EU-Richtlinie, die den Providern eine Speicherung von mindestens sechs Monaten und maximal zwei Jahren vorschreibt verändern und eine kürzere Mindestspeicherfrist anstreben. Die Union sperrt sich dagegen nicht prinzipiell, sagt aber, dass man die bestehende schon jetzt umsetzen muss. BKA-Chef Jörg Ziercke forderte am Dienstag auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes eine rasche Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung.

Streitpunkt ist auch die Bildungspolitik. Union und SPD seien „weit weg von einer gemeinsamen Einschätzung, was vom Bund zu leisten ist und was nicht“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nach der Sitzung. Die Bildung sei eine „föderale Angelegenheit“, die in die Zuständigkeit der Länder gehöre.

Thema Volksentscheide bleibt umstritten zwischen CDU und CSU

Strittig ist auch das Thema Volksentscheide. Allerdings weniger zwischen Union und SPD, als vielmehr zwischen CDU, die Volksentscheide ablehnt, und CSU, die Volksentscheide für Europa-Fragen befürwortet. Am Dienstag war ein gemeinsamer Formulierungsvorschlag von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Thomas Oppermann (SPD), die beide die innenpolitischer Verhandlungsgruppe leiten, bekannt geworden, in dem von Volksentscheiden für Europa-Fragen und Bundestags-Beschlüssen die Rede war. Die CDU lehnt das ab. Das Thema ist vertagt. „Die Diskussion geht weiter, aber sie geht sehr vernünftig weiter, um nicht zu sagen geschwisterlich“, sagte Gröhe. Dobrindt wiederum betonte, wenn drei Parteien miteinander verhandelten, könnten zwei von ihnen ein Thema reizvoller finden als die dritte. Das führe aber „nicht dazu, dass (...) versucht wird, an einer Stelle zwei gegen einen zu spielen“. Projekte, bei denen man sich nicht einigen könne, würden es am Ende schwer haben.

Alle drei Generalsekretäre zeigten sich zufrieden mit dem Verlauf der Koalitionsverhandlungen. Trotz der bestehenden Differenzen in manchen Punkten herrsche ein „konstruktives Klima“, sagte Nahles. Dobrindt ergänzte, die Diskussion sei von „Vertrautheit und Professionalität in der Argumentation“ geprägt gewesen. „Da bewegt sich in der Tat etwas auf aufeinander zu“, sagte der CSU-Generalsekretär.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach Darstellung von Nahles noch eine Bitte an die SPD mit Blick auf den Parteitag der Sozialdemokraten, der morgen offiziell beginnt. "Man möge unversehrt zurückkommen." (Mit AFP und dpa)

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